Berliner Kongress: Geschlechtsspezifik in Forschung
und medizinischer Praxis im Fokus der Wissenschaft

Berlin, 5. November 2009. Die Gendermedizin eröffnet der Forschung, aber auch der Praxis der gesundheitlichen Versorgung von Frauen, Männern, Kindern und älteren Menschen neue Erkenntnisse und Perspektiven. Auf einer Pressekonferenz „Sie, er, alt, jung – Gendermedizin ist für alle ein Gewinn“ stellten dazu am Vorabend des 4. Kongresses für Gendermedizin (6. bis 8. November in Berlin) Wissenschaftlerinnen aus Deutschland, den USA und Kroatien ihre Forschungsergebnisse vor.
Genderaspekte in der Erforschung und Differenzierung der Herzinsuffizienz bringen einen Fortschritt in der effektiven Behandlung dieser Erkrankung. Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek, Institute of Gender in Medicine (GiM), Center for Cardiovascular Research (CCR), Charité Universitätsmedizin Berlin, und Kongresspräsidentin, beschrieb die diastolische Herzinsuffizienz-Dehnbarkeitsstörung (DHF). Diese sei ebenso häufig wie die systolische Herzinsuffizienz, die überwiegend beim männlichen Geschlecht auftritt. Beide haben eine gleich hohe Mortalität. Aber immer noch gebe es bisher keine Leitlinien für die Therapie der DHF.

Frauen erobern zusehends die Biomedizin, dies eröffne den Weg zu einer „anderen Sicht“ und damit zu Innovationen, führte Prof. Londa Schiebinger, Genderforscherin von der Stanford University, Kalifornien, aus.

Prof. Gerdi Weidner, Dep. of Biology, San Francisco State University, Tiburon, Kalifornien, USA, ging aus der Sicht einer Psychologin auf die Problematik der Folgen von Stress und Depressionen bei Frauen ein. Diagnostik und Therapie sollten die Unterschiede der Erkrankungen von Frauen und Männern stärker berücksichtigen.

Frauen sind die besseren Organspenderinnen. Ihre Organe – ob Herz oder Niere – passen sich einem anderen Organismus besser an. Das belegen Forschungen der kroatischen Wissenschaftlerin Prof. Duska Dragun. die auch an der Klinik für Nephrologie und Intensiv Medizin sowie am Zentrum für Kardio-vaskuläre Forschung der Charité – Universitätsmedizin Berlin tätig ist. Dass Frauen dagegen seltener Spenderorgane implantiert werden, sei, so Dragun, ebenfalls nachweisbar und schwer zu begründen.

Moderiert wurde die Pressekonferenz von Dr. med. Jan Steffen Jürgensen
Geschäftsführer Vorstand Charité – Universitätsmedizin Berlin


Rund 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 17 Nationen tauschen in Berlin vom 6. bis 8. November beim 4. Kongress „Sex and Gender in Medicine“ ihre neuesten unter Genderaspekten gewonnenen Erkenntnisse aus. Die Themen reichen, neben den genannten, von Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Schmerz bis zur Gesundheitsversorgung, Naturheilkunde und Fragen der Einbeziehung von Genderthemen in die Ausbildung von ÄrztInnen. Nicht zuletzt in der Grundlagenforschung gewinnen Genderaspekte eine zunehmende Bedeutung. So berichtet Doris Taylor, Minneapolis, USA, darüber, dass weibliche Stammzellen fitter als männliche und durch Östrogene noch agiler werden. Das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin der Charité selbst präsentierte die ersten Daten aus dem großen BMBF-geförderten Projekt „Gender Medizin“, das zu einer Kategorisierung und Analyse der Literatur und Forschungsdaten der neuen Disziplin führen wird.

Weitere Informationen:
Dr. Sabine Oertelt-Prigione, Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (GiM),
Campus Charité Mitte, Charité – Universitätsmedizin Berlin, t: +49 30 539069
Email: sabine.oertelt-prigione@charite.de,
Website des Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin (GiM) http://gender.charite.de/