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Digitaler Rundfunk: MABB lockert angezogene Bremsen

Nur mit angezogenen Bremsen rollt Deutschland in die digitale Zukunft. Diesen Eindruck hat gerade noch eine Studie von Prognos zum "Digital-TV und Digital Radio 2008" bestätigt. Beim Fernsehen seien es vor allem die Kabelnetzbetreiber, die einen Durchbruch der neuen Technik verhindern. So werde selbst 2008 der Digitalisierungsgrad noch unter der 50-Prozent-Marke liegen, die aktuell in Großbritannien bereits erreicht ist. Auch für das Digitalradio zeige Großbritannien einen "vielleicht letzten" Hoffnungsschimmer auf, heißt es bei Prognos. Die Briten hätten vorgeführt, dass und wie eine marktgetriebene Digitalisierung auch im Radiobereich angeschoben werden könne. Doch für eine Abschaltung oder Umwidmung des hiesigen Digital-Radio-Systems sei derzeit weder eine medienpolitische Mehrheit noch eine Mehrheit der Marktakteure absehbar, glauben die Marktforscher. Zumindest letzterer Befund darf allerdings bereits als überholt gelten. Denn nur einen Tag, nachdem Prognos seinen kostenpflichtigen Report präsentierte, veröffentlichte die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg ein Dokument, in dem nicht weniger als die Aufgabe des bisherigen Digitalradio-Standards DAB gefordert wird. Der sei nicht zukunftssicher, beruhe auf medienpolitischen Vorgaben der achtziger Jahre und werde hierzulande - eben anders als in Großbritannien, wo digitales Radio auch über DVB-T verbreitet wird - nicht aktiv vermarktet. Frühestens 2007 könne DAB in Deutschland eine Programmzahl wie heute UKW erreichen und auch innerhalb von Häusern gut empfangen werden, schätzt der MABB-Medinerat. Bis dahin wäre es längst von anderen Technologien überholt: "Leidtragende wären die Radioanbieter, denen die Chancen der digitalen Welt verschlossen blieben." Bis zur Internationalen Funkausstellung 2005 soll nach Ansicht der MABB eine neue Konzeption entwickelt werden, die zur Weltmeisterschaft 2006 in der Praxis präsentiert werden könnte. Als mögliche Zukunftsstandards sieht die Landesmedienanstalt DVB-H (eine Weiterentwicklung von DVB-T für Handheld-Geräte) und DMB (Digital Multimedia Broadcasting, eine Weiterentwicklung von DAB). Nach jahrelangem Stillstand tut sich beim Digitalradio etwas. Um beim digitalen Kabel-TV? Da betreibt Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement der Süddeutschen Zeitung zufolge Geheimdiplomatie, damit sich der Beinahe-Monopolist Kabel Deutschland mit RTL und ProSiebenSat.1 über eine Beteiligung an den Zuschauereinnahmen einigt. Das würde das Digital-Paket der KDG, dem die Privatsender bisher nicht beitraten, attraktiver machen - allerdings wohl auch teurer. Ob der Kabelkunde aber bereit ist, noch tiefer in die Tasche zu greifen?
Zuletzt bearbeitet 25.11.2004 13:09 Uhr
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