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Emig und die Detektive

Untreue und Bestechlichkeit: Zu zwei Jahren und acht Monaten Haft hat das Frankfurter Landgericht vergangene Woche den TV-Journalisten Jürgen Emig verurteilt. Der weißhaarige Radsport-Experte wandert hinter Gitter - der Hessische Rundfunk und seine Kontrollgremien hingegen gehen vergleichsweise ungeschoren aus dem Prozess hervor. Dabei hatte nicht nur die Verteidigung ein Interesse daran, Emigs Dienstherren schlecht aussehen zu lassen. Der Prozess erntete ein breites Medienecho. Es ging nicht nur um einen korrupten Journalisten, sondern auch darum, wie dieser Mann jahrelang ungestört in einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt schalten und walten konnte.

In einer Art Dreiecksgeschäft hatte Emig interessierten Sportarten und -veranstaltern jahrelang Übertragungszeit gegen Zahlung von Produktionskostenzuschüssen eingeräumt und gleichzeitig über die von einem Strohmann, dem ehemaligen Tanzsport-Funktionär Harald Frahm, geleitete PR-Agentur seiner Frau Sponsorengelder eingeworben. Ein lukrativer Nebenerwerb, bei dem der von 1987 bis 2004 amtierenden Sportchef allein zwischen 2001 und 2004 eine halbe Million Euro in die eigene Tasche abgezweigt haben soll.

Alles paletti mit den "Beistellungen"
Das geriet ihm zum Verhängnis. Hätte Emig brav alle Gelder abgeführt, wäre alles paletti gewesen. Denn dass das gebührenfinanzierte Fernsehen, das selbst Millionensummen für die Übertragung von Sportereignissen auf den Tisch legt, sich von weniger interessanten Sportarten seinerseits für Übertragungen bezahlen lässt, ist in der ARD seit Jahren Usus. Euphemistisch ist von "Beistellungen" und eingeworbenen "Drittmitteln" die Rede. Inzwischen will HR-Intendant Helmut Reitze diese Querfinanzierungen jedoch abgeschafft haben, "obwohl sie bis heute rechtlich zulässig sind und das Gericht dies auch nicht in Zweifel gezogen hat".

Die Kammer hatte zwar gerügt, dass das Programm-Sponsoring im Vor- oder Abspann hätte genannt werden müssen, sah den HR aber hauptsächlich als "Opfer" und beließ es bei der Feststellung, die Anstalt hätte ihren Sportchef hätte besser kontrollieren müssen. Ein vorsätzliches Wegschauen oder gar eine Duldung mochte das Gericht, das zahlreiche HR-Hierarchen vorlud, nicht erkennen. Besonderen detektivischen Eifer legte die Anstalt aber auch nicht an den Tag, wie die Aussage des Leiters der HR-Revision, Klaus Stoffer, offebarte, der Emig noch im März 2004 entlastete.

Auch Mohren vor Prozess
Den Vogel im Zeugenstand schoss jedoch der ehemalige Intendant Klaus Berg ab, der unter anderem zu seiner Entlastung bekundete, er sei ausgesprochen desinteressiert am Sport. Wenn das als Begründung hinreichend ist, muss man sich wohl bald auf mehr kauzigen Humor einstellen: Ex-MDR-Sportchef Wilfried Mohren soll demnächst in Leipzig der Prozess gemacht werden. Wieder geht es um Bestechlichkeit und um eine ARD-Anstalt, die jahrelang nichts davon bemerkt hat.
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