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Europäische Olympia-Rechte werden verhackstückt

Randsportler beim Goldjubel - in Peking 2008 noch bei ARD und ZDF: Die Kanuten Hollstein (li.) und Ihle
Foto: Netzpresse
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Randsportler beim Goldjubel - in Peking 2008 noch bei ARD und ZDF: Die Kanuten Hollstein (li.) und Ihle
Foto: Netzpresse
Ein Großteil der europäischen Fernsehrechte für die Olympischen Spiele ist erstmals an einen Zwischenverkäufer und nicht an die Europäische Rundfunkunion vergeben worden. Wie das Internationale Olympische Komitee mitteilte, darf Sportfive die Ausstrahlung der Spiele 2014 (Winter) und 2016 (Sommer) in 40 Ländern vermarkten. Die in Hamburg gegründete und 2006 vom französischen Medien- und Rüstungskonzern Legardere übernommene Agentur makelte bereits die TV-Präsenz der Fußball-Europameisterschaft 2008.

Allerdings sind - mit Deutschland an der Spitze - die größten westeuropäischen Fernsehmärkte nicht im Olympia-Paket enthalten. Auch Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und die Türkei fehlen. Mit dabei ist dagegen Russland, ebenfalls Mitglied der EBU und 2014 mit der Schwarzmeer-Stadt Sotschi Olympia-Gastgeber. Der Austragungsort für die Spiele 2016 wird erst im Oktober vom IOC in Kopenhagen gewählt.

Ende einer EBU-Ära
Das Kalkül ist leicht durchschaubar: Die Rechte werden verhackstückt - oder wie der jüngst ausgeschiedene EBU-Vorsitzende Fritz Pleitgen eleganter formulierte: filetiert -, um aus den lukrativen Ländern höhere Gebote heraus zu kitzeln. Der Weltfußballverband FIFA hat's 2002 (zuerst noch mit Leo Kirch) und 2006 vorgemacht. Seit 1956 war die EBU Fernsehpartner des IOC. Diese Ära, durch separate, ab 2010 geltende TV-Verträge mit Rupert Murdochs Sky Italia schon leicht erodiert, ist nun unwiederbringlich passe.

Vancouver 2010 und London 2012 werden die letzten EBU-Spiele sein. Dafür hatte der europäische Anstaltenverbund 2004 den Zuschlag mit einem Gebot von rund 600 Millionen Euro erhalten. Für 2014/2016 wollte die EBU laut verschiedenen Quellen nicht mehr als 625 Millionen oder 630 Millionen Euro zahlen. Das war den olympischen Würdenträgern trotz Finanzkrise zu wenig. Dabei hatten die öffentlich-rechtlichen Sender dem IOC und seinen Sponsoren bislang eine hohe Sehbeteiligung geliefert.

Das Sportfive-Rechtepaket gilt nun nicht nur für das Free-TV, sondern auch für Pay-TV, Internet und Mobilfunk. Allerdings will das IOC sichergestellt wissen, "dass ein möglichst breites Publikum Zugang zu den Übertragungen" erhält: Pro Land sollen mindestens 200 Stunden von den Sommerspielen und 100 Stunden von den Winterspielen im frei empfangbaren Fernsehen übertragen werden.

Filetstücke noch zu haben
Und was wird mit Deutschland? Die ARD hat bereits angedroht, bei einem Entzug der Rechte künftig weniger olympischen Sport zwischen den Spielen zeigen zu wollen. Aber so weit muss es ja nicht kommen.

"Selbstverständlich haben ARD und ZDF noch alle Möglichkeiten, den Zuschlag zu erhalten", zitiert der Sport-Informations-Dienst den für die Verhandlungen verantwortliche IOC-Vizepräsident Thomas Bach. "Dass wir nicht mit dem Einkaufsverbund EBU abgeschlossen haben, heißt nicht, dass wir nicht mit den einzelnen Mitgliedern abschließen." Die Filetstücke sind noch zu haben.
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