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Perlentaucher-Urteil vom BGH: aus Mangel an Chuzpe zurückverwiesen

Nach jahrelangem Rechtsstreit mit dem Onlinemagazin Perlentaucher haben die Süddeutsche Zeitung und die FAZ nach eigener Sichtweise einen Etappensieg vor dem Bundesgerichtshof erzielt. Die beiden Verlage versuchen dem Perlentaucher seit Jahren zu verbieten, Zusammenfassungen ihrer Literaturkritiken zu publizieren und an Online-Buchhändler (buecher.de, früher amazon.de) weiterzuverkaufen. Die ersten beiden Instanzen hatten die Klagen jedoch abgewiesen.

Der BGH entschied nun, dass die Berufung neu verhandelt werden muss. Die Karlsruher Richter bestätigten laut einer Pressemitteilung zwar die Ansicht der Vorinstanz, dass sogenannte "Abstracts" ohne Zustimmung der Urheber verwertet werden dürfen, wenn es sich bei den Zusammenfassungen um selbständige, "in freier Benutzung der Originalrezensionen" geschaffene Werke handele. Doch habe das Berufungsgericht bei seiner Prüfung, ob die von der Klägerin beanstandeten Abstracts diese Voraussetzung erfüllen, nicht die richtigen rechtlichen Maßstäbe angelegt und nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt.

Es geht nicht um den Inhalt
Die Devise für die Neuverhandlung vor dem Frankfurter Oberlandesgericht hat der BGH schon in seinem Urteil aufgegeben: Es kommt auf den Einzelfall an. Die Beurteilung könne "bei den verschiedenen Abstracts zu unterschiedlichen Ergebnissen führen". Grundsätzlich gehe es darum, dass in aller Regel "nur die sprachliche Gestaltung und nicht der gedankliche Inhalt" einer Buchrezension Urheberrechtsschutz genieße.

Zur Debatte steht also nicht die Originalität von Feuilletonisten-Gedanken. Es geht um das schnöde Umschreiben von Texten. Das fällt uns Journalisten eigentlich gar nicht so schwer: Selbst WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz räumte nach der MIllionen-schweren Kündigung des dpa-Dienstes vor zwei Jahren ein, dass seine Leute Agentur-Texte "benutzen oder weiter daran arbeiten", ohne zu bezahlen. Womöglich hat es den Perlentaucher-Leuten beim Weiter-daran-arbeiten einfach nur an Chuzpe gemangelt, und dafür drohen sie nun doch noch bestraft zu werden.

Die FAZ interpretierte den BGH-Spruch jedenfalls schon einmal als "Erfolg". Die Perlentaucher-Macher dagegen sparen nicht mit Sarkasmus. Die Einzelfall-Prüfung beträfe lediglich 20 den Klageschriften beigefügte Notizen, die angebliche Urheberrechtsverstöße durch den Perlentaucher belegen sollen: "Vielleicht beanstandet das Oberlandesgericht Frankfurt nach Vorgabe der Kriterien durch den BGH nun einige dieser Notizen, die wir dann neu schreiben müssten. Nach fünf Jahren Rechtsstreit und nach Prozesskosten, die in die Zehntausende gehen - allein für den Perlentaucher. Was für ein Teilerfolg!"
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