So viel wie nötig, so wenig wie möglich – Erstes Symposium zum Thema Geriatrie im Lausitzer Seenland Klinikum

Hoyerswerda, 28. April 2013. Am Wochenende fand im Lausitzer Seenland Klinikum das erste Symposium zum Thema Geriatrie, Altersmedizin, statt. Vor knapp vier Monaten wurde die neue Klinik für Geriatrie mit 20 Betten eröffnet und ist seitdem voll belegt. Behandelt werden ältere und hochbetagte Menschen, die an mehreren Krankheiten (Multimorbidität) leiden. Ihnen soll möglichst lange ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden. Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten tauschten sich am Samstag darüber aus, wie die Fähigkeiten dieser Patientinnen und Patienten besser genutzt und gefördert werden können. Am Vormittag waren das interessierte Fachpublikum geladen, am Nachmittag Bürgerinnen und Bürger.

Nach der Begrüßung und Eröffnung referierte Diplom-Medizinerin Michaela Stöckel, Chefärztin der Klinik für Geriatrie, über Multimorbidität im Alter und medikamentöse Therapien. Ältere Menschen mit verschiedenen Erkrankungen wie Diabetes, Herzschwäche, Atemnot, Inkontinenz oder auch Demenz bekommen in der Regel viele verschiedene Medikamente verschrieben, die sie zu bestimmten Zeiten am Tag einnehmen sollen. Manche vergessen jedoch die Einnahme, andere dosieren sie falsch und wieder andere setzen sie eigenmächtig ab. Deshalb sei es wichtig, bei den Krankheiten Prioritäten zu setzen, Indikationen zu hinterfragen und auch den Mut zu haben, ein Medikament abzusetzen. „Es ist genauso wichtig, eine Behandlung zu beenden, wie sie zu beginnen“, sagte Chefärztin Michaela Stöckel.

„So viel Hilfe wie nötig, so wenig Hilfe wie möglich“ war der Tenor des Vortrages von Madeleine Linge und Manuela Schmidt. Beide arbeiten als Gesundheits- und Krankenpflegerinnen in der Klinik für Geriatrie. „Unser Anliegen ist, dass die Patientinnen und Patienten nicht von anderen Menschen gefüttert oder gewaschen werden, sondern dass sie es selbst tun“. Sie berichteten darüber, wie ein typischer Tag auf der Station aussieht. Dazu gehören neben medizinischen und therapeutischen Angeboten auch gemeinsame Spiele, z.B. „Mensch ärger dich nicht“ und gemeinsame Mahlzeiten. Acht Patientinnen und Patienten können im Gemeinschaftsraum zusammen essen. Ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Pflegekräften, Therapeuten und einer Psychologin unterstützt sie darin, ihren Alltag möglichst wieder alleine bewältigen zu können. Bei der Aufnahme in der Klinik für Geriatrie werden die älteren Patientinnen und Patienten nach ihren Gewohnheiten befragt sowie danach, ob sie Hilfe beim Schneiden, beimAnziehen, Waschen, Laufen oder Treppensteigen benötigen. Auch ihre Angehörigen werden mit einbezogen und geschult. 
 
Um Unfälle, Knochenbrüche und Osteoporose (Knochenschwund) im Alter ging es im Vortrag von Dr. med. Henry Hildebrandt, Oberarzt der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Handchirurgie. Bei älteren Menschen heile ein osteoporotischer Knochen zwar nicht schlechter als bei jüngeren, aber es sei ein hohes Maß an Implantatstabilität erforderlich. Er verwies auf eine Statistik, wonach sich die Zahl der Schenkelhalsbrüche und der hüftgelenksnahen Frakturen, die meist durch einen Sturz verursacht werden, bis zum Jahr 2040 mehr als verdreifachen wird.

Über das Thema Demenz bei älteren Menschen informierte Dr. med. Heiner Münch, Facharzt für Allgemeinmedizin, gemeinnütziger Verein Palliativteam Lausitz e.V.. Hartmut Zippack vom Christlichen Pflege- und Betreuungsdienst Nächstenliebe Elsterheide sprach darüber, was ambulante Pflegekräfte leisten können, um ältere Menschen zuhause zu betreuen.

Geriatrie wird in der alternden Gesellschaft immer wichtiger. Knapp 40 Prozent der Einwohner in Hoyerswerda sind über 60 Jahre alt. Mit der neuen Klinik erweitert das Lausitzer Seenland Klinikum seine Behandlungsangebote für die immer älter werdende Bevölkerung in der Stadt Hoyerswerda und der umliegenden Region. Die Klinik soll ausgebaut werden. Außerdem ist eine Tagesklinik geplant. Im Geriatriekonzept des Freistaates Sachsen ist ein Netzwerk vorgesehen, dem Kliniken, Reha-Kliniken, niedergelassene Ärzte, Pflegeheime, Pflegedienste, Selbsthilfegruppen, Therapeuten, Hospize oder Soziale Dienste angehören.