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Und alles wegen einer App: Die letzte Schlacht der Zeitungsverleger

Seit Jahren streiten die deutschen Zeitungsverleger mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten um deren gebührenfinanzierte Ausdehnung ins Internet. Nun muss sich erstmals ein Gericht damit beschäftigen: Acht Verlage, darunter Branchen-Schwergewichte wie Axel Springer und die WAZ-Mediengruppe sowie die FAZ und die Süddeutsche Zeitung, haben eine Wettbewerbsklage vor dem Landgericht Köln eingereicht.

Hoffnungsträger App
Nominell geht es dabei um die Tagesschau-App der ARD, eine Anwendung für iPhones und Android-Smartphones, die mit Verspätung im vergangenen Dezember veröffentlicht wurde. Im Hintergrund steht jedoch die digitale Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt. Glaubt man einem Untergangs-schwangeren FAZ-Kommentar, dann wird vor Gericht in Köln sowie in Brüssel, wo die Verlage parallel eine europäische Wettbewerbsbeschwerde eingereicht haben, gar die letzte Schlacht "für das Überleben der unabhängigen Presse" geschlagen.

Und alles wegen einer App.

Die Verlage setzen große Hoffnung in die Apps. Nachdem sich die Internet-Nutzer an einen kostenlosen Nachrichten-Konsum im Browser gewöhnt haben und das Printgeschäft seit Jahren rückläufig ist, wollen die Zeitungshäuser mit den Apps erstmals nennenswerte digitale Verkaufserlöse erzielen - ohne dabei mit einer kostenlosen, gebührenfinanzierten "Rundfunk"-App konkurrieren zu müssen.

Nicht jeder Text ist eine Zeitung
Mit der Klage attackieren die Verlage nun die "textdominante Berichterstattung" in der Tagesschau-App; die presseähnlichen Inhalte verstoßen nach ihrem Verständnis gegen den Rundfunkstaatsvertrag der Länder, ohne dass die Aufsichtsgremien dagegen eingeschritten wären. Dort heißt es seit der zwölften Revision in Paragraf 11d, Absatz 3: "nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote sind nicht zulässig". Als presseähnliches Angebot" definiert das Gesetz "nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen".

Die ARD-Granden zeigen sich von dieser Argumentation wenig beeindruckt. In einer Pressemitteilung ließ die Vorsitzende Monika Piel schon einmal verlauten, dass ja nicht jeder Text eine Zeitung sei. Überdies bietet die Tagesschau-Anwendung inhaltlich auch nichts anderes als eine für Touchscreens optimierte Version der Website tagesschau.de; die existiert laut Selbstdarstellung aber schon seit 1999 als eigenständiges News-Portal. Der Gegenstand der Klage ist also nichts Neues.

Und auch die Argumentations-Muster beider Seiten haben sich über die Jahre kaum geändert. Während die privatwirtschaftlichen Verleger keine "staatsfinanzierte Presse" (Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger) wollen, haben die Öffentlich-Rechtlichen nur die "Interessen unserer Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler" im Sinn; die hätten die Tagesschau-App schließlich schon 1,7 Millionen Mal heruntergeladen, verkündet treuherzig der für ARD aktuell verantwortliche NDR-Intendant Lutz Marmor.
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