Der Journalist Hajo Schumacher startet im November einen Onlinedienst für die Zweitverwertung journalistischer Texte. Bei Spredder kann ein registrierter Autor Artikel wiedervermarkten und erhält dafür vom Zeichenhonorar (rpt.: Zeichen- nicht Zeilenhonorar) in Höhe von 2 Cent die Hälfte. Unter dem Strich kommen für Autoren bei Erfolg also Zeilenhonorare auf Regionalzeitungsniveau (100 Zeilen a 40 Anschläge = 40 Euro) heraus.
Bei Meedia ist schon von einem "iTunes für Texte" die Rede. Das suggeriert, Spredder könnte - analog zum Apple-Musikdienst - auch für Textautoren ein erfolgreiches Bezahlmodell bieten. Das wäre schön. Doch die Idee der Content-Syndication ist weder neu, noch hat sie bisher gut funktioniert - nicht einmal in den USA.
Content Syndication - kein Erfolgsmodell
Dort hat die Syndizierung bekannter Kolumnisten zwar Tradition - auch ohne Internet -, aber der Publizist Steven Brill scheiterte bereits 2001 mit seinem Online-Dienst Contentville. Er war nicht der einzige. Und heute? Heute zählt Brill zu den Gründern von Journalism Online, das bezeichnenderweise ein Bezahlmodell nicht mehr für Autoren, sondern für Zeitungsverlage durchsetzen will.
Verlage versuchen lieber selbst, aus der Mehrfachverwertung Kapital zu schlagen (oder damit Kosten zu sparen), als dass sie bei Dritten Rechte ankaufen. Das gilt auch für Deutschland, wo Autoren Buy-Out-Verträge vorgelegt bekommen und damit einen Persilschein für die Zweitverwertung unterschreiben.
Aktuell kümmert sich hierzulande etwa Suite101, Textportal.de oder die Newsbörse der früher von vielen Korrespondenten zum Artikelversand genutzten Com.Box um Autoren, die ihre Texte einstellen wollen; Erfolgsberichte aus dem Kollegenkreis und in Journalistenforen sind allerdings rar.
"Zweitverwertung über Online-Agenturen ist ein hartes Geschäft", titelte der BJVreport Anfang 2008 nach einem Rundblick über das Angebot. Wo Journalismus drauf steht, sind manchmal nur PR-Texte drin.
Bekannte Namen
Genau das will Spredder anders machen: Schumacher verspricht PR-freien Qualitätsjournalismus und winkt mit ein paar bekannten Namen. Vom Seitenkopf lächelt sogar Kritiker-Veteran Hellmuth Karasek. Schumacher selbst schreibt, Spredder sei "keine Plattform für Hobby-Lyriker oder Krawall-Blogger", sondern liefere "erstklassige journalistische Ware", und zwar "auf Knopfdruck".
An Selbstbewusstsein mangelt es also nicht. Nach aller Erfahrung scheinen die Erfolgschancen für Spredder jedoch gering. Nicht jedem erschließt sich zudem die Verkaufsformel vom exquisiten Inhalt in Pro-Zeichen-Zweitverwertung. Bei Medienrauschen fragt man bereits sorgenvoll, ob "selbst der Karasek" schon "am Hungertuch" nage, so dass er seine Springer-Kolumnen jetzt "an jedes kleine Regionalblatt" verkaufen müsse.