BBC lässt Gebührenzahler über redaktionelle Standards mitreden

Die BBC hat einen Online-Fragebogen freigeschaltet, mit dem sich britische Gebührenzahler zum Entwurf der neuen "Editorial Guidelines" (PDF-Datei) äußern können. Laut Gesetz muss die Anstalt ihre redaktionellen Standards alle fünf Jahre auf den neuesten Stand bringen. Zum ersten Mal werden dabei auch Zuschauer und Zuhörer einbezogen.

Das 19-teilige Regelwerk, dass sich an interne und externe Programmmacher richtet, postuliert teils wohlfeile Prinzipien wie Sorgfalt, Überparteilichkeit und Meinungsvielfalt, nennt aber auch konkreten Richtlinien für deren Umsetzung ("Practices"). In der Online-Umfrage will die BBC aber auch wissen, wie die Öffentlichkeit zur Repräsentation von Gewalt und "offensiven" Inhalten im Programm steht. Dass der Entwurf 190 Seiten lang ist, dürfte das BBC-
Publikum allerdings eher abschrecken.

BBC weiter als ARD und ZDF
Immerhin: Mit der Beteiligung der Öffentlichkeit kommt die BBC einmal mehr dem zunehmenden Legitimierungs-Druck gegenüber Gebührenzahlen, privaten Wettbewerbern und Politik nach. Öffentlich-Rechtliche Anstalten müssen ihren "public value" nachweisen, um die eigene Sonderrolle zu rechtfertigen. Je transparenter das Verfahren abgewickelt wird und je breiter die Meinungsbildung stattfindet, umso glaubwürdiger ist es. Auf diesem Gebiet ist man im Vereinigten Königreich weiter als in Deutschland.

Die BBC führte den Public-Value-Test - samt abschließender öffentlicher Debatte - bereits 2007 ein. Hierzulande verpflichtet der Rundfunkstaatsvertrag seit 1. Juni 2009 ARD, ZDF und Deutschlandradio, den Programmwert durch einen sogenannten Drei-Stufen-Test überprüfen zu lassen, der in Regie der eigenen Rundfunkräte unter Beteiligung "gesellschaft relevanter Gruppen" durchgeführt wird - aber ohne für alle Gebührenzahler offene Befragungen.

Zu einer öffentlichen Diskussion über redaktionelle Standards und deren Umsetzung hätte gerade die ARD Anlass genug. Skandale um bestechliche Sportchefs und zuletzt eine mit unter Pseudonymen verfassten Drehbüchern handelnde NDR-Fernsehspielchefin versprechen reichlich Diskussionsstoff.

"Beide Seiten berücksichtigen"
Die BBC-Umfrage läuft bis Weihnachten. "Wir werden auf alle Informationen, die wir erhalten, einschließlich Ihrer Antworten und anderer Daten, schauen", verspricht der BBC-Trust auf der Umfrage-Seite. "Wir werden die Interessen beider Seiten - der Inhaltsproduzenten und Programm-Macher ebenso wie des Publikums - berücksichtigen, bevor wie die neuen Editorial Guidelines fertigstellen."

Im Sommer 2010 sollen die überarbeiteten Standards in Kraft treten.