Die Bundesregierung plant eine Liberalisierung des Pressefusionskontrollgesetzes und ist damit ganz offenbar bereit, die im Lichte der Medienkrise verstärkte Lobbyarbeit deutscher Zeitungsverlage zu erhören. Wie der
Spiegel zuerst berichtete, hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Donnerstag vergangene Woche kurzfristig eine Verlegerrunde ins Kanzleramt geladen, um die Pläne in informellem Rahmen zu erörtern.
Abschaffung der Presserechenklausel
Fallen könnte demnach die so genannte Presserechenklausel, die in den siebziger Jahren eingeführt wurde, um der Konzentration auf dem Regionalzeitungsmarkt einen Riegel vorzuschieben. Nach dieser Klausel muss das Bundeskartellamt bei Zusammenschlüssen und Übernahmen bereits dann eingeschaltet werden, wenn der Jahresumsatz der Beteiligten über 25 Millionen Euro liegt.
Zudem sollen regionale Zeitungsverlage künftig bei Druck, Vetrieb und Anzeigenakquise zusammenarbeiten dürfen. Nach den Regierungsplänen bliebe der unabhängige Zeitungsvertrieb über Grossisten allerdings erhalten, um die Vielfalt am Kiosk zu sichern.
Redaktionelle Unabhängigkeit?
Uneinigkeit besteht noch darüber, wie die Unabhängigkeit der Redaktionen gesichert werden soll. Der
Süddeutschen Zeitung zufolge wehren sich die Verleger aber gegen eine Festschreibung in Form von Bestandsgarantien, durch einen Redaktionsbeirat oder eine Satzung.
Aktuell ist eine solche Regelung auch Thema bei der Übernahme der
Berliner Zeitung durch
Holtzbrinck. Das Stuttgarter Verlagshaus hatte zur Sicherung der redaktionellen Unabhängigkeit eine Stiftung vorgeschlagen. Wegen des laufenden Verfahrens um eine Ministererlaubnis für Holtzbrinck hatte
Springer-Chef Mathias Döpfner eine Einladung aus dem Kanzleramt abgelehnt - er befürchtet eine
"Lex Holtzbrinck" für den Berliner Zeitungsmarkt.
Angst vor Murdoch
Hinter den politischen Aktivitäten stehe die Angst des Kanzlers, dass ausländische Investoren vom Schlage eines Rupert Murdoch zum Zuge kommen und in Deutschland Kampagnenjournalismus betreiben, so die Süddeutsche. Allerdings soll sich Schröder in der Verlegerrunde auch über die schlechte einheimische Presse beschwert haben: Die Regierung könne machen, was sie wolle, es werde negativ berichtet. Ausgenommen habe Schröder von der Schelte einzig das Handelsblatt aus dem Hause
Holtzbrinck.