In Berlin und seinem Umland ist am Pfingst-Wochenende die nichtkommerzielle Radiowelle 88vier on Air gegangen. Insgesamt acht Veranstalter mit einer inhaltlichen Bandbreite von DJ-Radio bis Migrationspolitik und einem Organisations-Spektrum vom klassischen freien Radio bis zur GmbH bespielen die UKW-Frequenzen 88,4 MHz (Berlin) und 90,7 MHz (Südwestberlin und Brandenburg). Eineinhalb Jahre nach der Einstellung des öffentlich-rechtlichen Radio Multikulti kehrt auch der Nachfolger Multicult 2.0 wieder ins Radio zurück.
Der RBB hatte sich das Integrations-Radio aus wirtschaftlichen Gründen zum Jahresende 2008 gespart. Daraufhin führten Unterstützer und ehemalige Mitarbeiter den Sender ohne Bezahlung als reines Web-Radio fort. Die Eigeninitiative ist nun durch den Zuschlag der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg belohnt worden, die am 10. und 11. Mai das neue Programmschema beschlossen und dabei alle Bewerber berücksichtigt hatte.
Zum Start darf Multicult FM gleich vom Berliner Karneval der Kulturen berichten. Ab 26. Mai wird das Wort- und Weltmusik-Programm jeweils in zwei Blöcken Vormittags und am frühen Abend zu hören sein. Während dort gefeiert wird, herrscht bei der Initiative Herbstradio Ernüchterung. "Unsere Meinung: ein indiskutables Ergebnis", heißt es lapidar auf der Website.
Freie Radios zersplittert
Die am Herbstradio-Leute hatten ein Modell mit drei Programmgruppen vorgeschlagen: Neben einem gemeinsamen freien Kulturradio und Multicult noch der ehemalige Offene Kanal ALEX, der auch den Senderbetrieb der neuen Welle abwickelt. Allerdings hatten sich selbst die beiden am Herbstradio beteiligten Projekte (Radiopiloten und Klubradio, im Herbst 2009 und Februar auf 99,1 Mhz in Berlin zu hören) nicht zu einem gemeinsamen Antrag durchringen können, so dass die MABB schließlich acht Veranstalter zuließ, die an den sieben Programmen auf 88vier beteiligt sind - und rechnet man die Heterogenität des Bürgerradios ALEX ein, dann sind es noch viel mehr.
Trotz der übergestülpten Corporate Identity wird es der neue Sender also schwer haben, als großes Ganzes wahrgenommen zu werden. Schon in der Bewerbungsphase konnten die einzelnen Initiativen sich nicht auf ein gemeinsames Konzept verständigen. Spannend dürfte es deshalb am Wochenende werden, wo zwischen 13 und 16 Uhr ein Programmfenster für aktuelle Ereignisse freigehalten wird. Laut MABB soll darin "allen Partnern die Möglichkeit gegeben werden, gemeinsam zu berichten und Inhalte zu gestalten".
Die Programmangebote und ihre Sendeplätze:
ALEX
Der ehemalige Offene Kanal, bereits mit einem 24-Stunden-Programm im Kabel vertreten, sendet auf UKW werktäglich sieben Stunden von 11 bis 14, 15 bis 18 und 19 bis 20 Uhr; am Wochenende fünf Stunden von 12 bis 13 und 16 bis 20 Uhr.
BLN FM Clubradio und interaktives Stadtmagazin, werktäglich 14 bis 15 Uhr, montags ab 20 Uhr.
Klubradio
Freies Kulturradio der Klubradio unlimited GmbH, mittwochs und freitags ab 20 Uhr
multicult FM
Nachfolger des öffentlich-rechtlichen Senders, werktäglich fünf Stunden von 6 bis 10 und 18 bis 19 Uhr, am Wochenende 6 bis 12 Uhr.
Ohrfunk
Projekt der Medieninitiative blinder und sehbehinderter Menschen in Deutschland, werktäglich 10 bis 11 Uhr.
Pi-Radio
Programm aus dem Studio der Radiopiloten, künftig dienstags und donnerstags ab 20 Uhr.
TwenFM
Musik aus der Berliner Clubszene plus wissenschaftliche und soziokulturelle Themen aus kulturellen, universitären und sozialen Institutionen, samstags und sonntags ab 20 Uhr.