Die Phirsichhaut aus dem Photoshop

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"Die nackte Wahrheit": Jennifer Hawkins unretuschiert auf dem Cover
Foto: Marie Claire Australien
Als das erste Januar-Heft der Brigitte mit dem Claim "ohne Models" erschien, ließen sich darin Frauen bewundern, die wohl keine echten Models waren, aber nichtsdestotrotz wie Models ins Bild gesetzt wurden. Und wirklich hatte die Modebranche nach Ankündigung der Brigitte-Initiative gelästert, nun müsse die Redaktion eben umso mehr Zeit investieren, um ihre Amateur-Models per Bildbearbeitung schön und schlank zu machen.

"Zu digital, um wirklich schön zu sein", ist nun ein Artikel im Tagesspiegel überschrieben, in dem sich Autorin Sonja Pohlmann mit der Verschönerungs-Branche beschäftigt. Den Aufhänger liefern die Schauspielerin Simone Thomalla, die sich hüllenlos im Playboy präsentiert, und die französische Politkerin Valérie Boyer, die - nein: nicht nackt in der Parlamentszeitschrift posiert, sondern eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für retuschierte Bilder fordert, weil diese ein unrealistisches Schönheitsbild vermittelten.

Recht hat die Frau aus der Sarkozy-Partei; doch scheint die PR-trächtige Brigitte-Initiative, die gegen den Schlankheitswahn kämpfen will, smarter als die Drohung mit dem Gesetzes-Knüppel. Und überhaupt: Wer will schon vom schönen Schein lassen? Selbst die alten Meister der Malerei setzten ihre Modelle ins beste Licht. Heute kennzeichnet es die Doppelbödigkeit der modernen Mode-Inszenierung, sich einerseits täuschen lassen zu wollen, andererseits aber so abgeklärt zu sein, jede Täuschung durchschauen zu können.

Immer wieder: Medienkompetenz
Folglich fordert der Modefotograf Alexander Gnädinger in Pohlmanns Artikel, schon in der Schule müsse so viel Medienkompetenz vermittelt werden, dass Kinder und Jugendliche manipulierte Bilder erkennen. Ein wohlfeiles Argument, das man schon in hundert Diskussionen über Sex-, Gewaltdarstellungen und Killerspiele gehört hat. "Beinahe alle Werbebilder sind eine Inszenierung, die mit der Realität oft nichts mehr zu tun hat", sekundiert Cathrin Bauendahl von der Hamburger Agentur Elektronische Schönheit.

Welche Kunstfehler mit der elektronischen Tünche möglich sind, zeigt die der Blog Photoshop Disasters. Was der Verzicht auf Photoshop bedeutet, zeigt ausnahmsweise die aktuelle Ausgabe der australischen Marie Claire: Jennifer Hawkins, Miss Universe 2004, kam unbearbeitet aufs Cover. "Die Beine sind nicht glatt wie Pfirsichhaut, an der Hüfte ist eine kleine Rundung, die normalerweise wegretuschiert werden würde", schreibt Pohlmann. "Aber das Foto wird wohl eine Ausnahme und PR-Coup bleiben wie die Kampagne von Dove."