Eine linke Gallionsfigur für die Zwei-Klassen-Redaktion der Frankfurter Rundschau

Es weder ein Märchen, noch ein Aprilscherz: Die Frankfurter Rundschau war zwar schon einmal insolvent, aber sie wurde ausgerechnet vom konservativen Rivalen FAZ mit einem Sparkonzept wieder zum Leben erweckt. Seit 1. April hat die Zeitung sogar eine Gallionsfigur: Die Publizistin Bascha Mika, zehn Jahre lang Chefredakteurin der taz, wurde neben Arnd Fensterling als Chefredakteurin engagiert.

Die Personalie signalisiert: Die FR soll wieder zu einer nennenswerten linksliberalen publizistischen Stimme in Deutschland werden. Davon zeigte sich zumindest Mika jetzt in einem taz-Interview überzeugt:
Inzwischen ist die Redaktion davon überzeugt – und ich ebenfalls, sonst säße ich nicht hier –, dass dieser Verlag die Zeitung weiterentwickeln will, und zwar als linksliberales Blatt mit überregionalem Anspruch und starkem regionalen Standbein. Warum holt man mich sonst? Jeder weiß, dass ich keine Lokalfrau bin, und für Stillstand bin ich auch nicht zu haben.

Anspruch und Wirklichkeit
Nur scheint dieser Anspruch kaum mit dem Sparkonzept des Verlags vereinbar. Unter der Ägide der Frankfurter Societät hat die FR zwar 2013 erstmals nach der misslungenen Sanierung durch den Kölner Vorbesitzer DuMont Schauberg keine roten Zahlen mehr geschrieben. Dies ging allerdings vor allem auf Kosten der Redaktion und der überregionalen Ausrichtung.

Überregionale Inhalte und Autoren-Geschichten liefert der FR weiterhin zum großen Teil die DuMont-Redaktionsgemeinschaft zu. Die sitzt bei der Berliner Zeitung in der Hauptstadt. Der Mantel wird zwar in Frankfurt produziert; die Redaktion dort wurde jedoch verkleinert und ist vor allem für die Lokalberichterstattung zuständig.

Zwei-Klassen-Redaktion
Hinzu kommt, dass nach Gewerkschafts-Angaben 53 der übrig gebliebenen 88 Redakteure von der Pressedienst Frankfurt GmbH ausgeliehen sind. Diese "Kollegen zweiter Klasse" sind finanziell erheblich schlechter gestellt als die 35 fest angestellten Redakteure. Im April war das ein Grund zum Warnstreik.

"Ist doch klar, dass da Unmut herrscht", räumte die sonst stets streitbare Bascha Mika in dem taz-Interview ein. Allerdings seien Zwei-Klassen-Redaktionen nicht nur bei der FR, sondern in der gesamten Branche ein Problem. So kann frau die Angelegenheit natürlich relativieren. Mikas ehemalige Arbeitgeberin taz, nebenbei bemerkt, ist zwar auch nicht für gute Bezahlung bekannt, aber sie zahlt einen Einheitslohn und gehört einer Genossenschaft.

Die wundersame Rettung der FR taugt also nicht zum Märchen. Und das Engagement von Bascha Mika ist auch kein Aprilscherz. Bleibt nur die Frage, ob die linke Publizistin und die neuen FR-Eigentümer auf Dauer deckungsgleiche Vorstellungen für die Zukunft der Frankfurter Rundschau entwickeln können.