Es ist ein seltener, auch bizarrer Vorgang: Das Medienmagazin eines großen ARD-Senders enthüllt die lukrativen Nebentätigkeiten eines führenden Journalisten desselben Hauses, um dessen Glaubwürdigkeit sich sodann selbst die eigenen Redaktionskollegen in einem internen Brief sorgen.
Zugestoßen ist all dies dem Tagesthemen-Anchorman Tom Buhrow. Das NDR-Medienmagazin Zapp hatte darüber berichtet, wie Fernsehjournalisten ihre TV-Bekanntheit ummünzen, und dabei auch den meist mit lächelndem Gesicht auftretenden Kollegen aus eigenem Hause - die Tagesthemen zählen zu ARD Aktuell, das beim NDR angesiedelt ist - nicht verschont.
Halbe Stunde 20.000 Euro
Allein 20.000 Euro sollte ein halbstündiger Kaffeepausen-Auftritt Buhrows im vergangenen Jahr bei der Deutschen Bank kosten. "Solchen Stundenlohn hat nicht einmal Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann", konzediert Hans Leyendecker in der Süddeutschen Zeitung. Der Vortrag wurde zwar abgesagt, aber Buhrows Agentur bestand dennoch auf der Bezahlung.
Das gibt zu denken. In einem Brief sollen mehrere besorgte ARD-Aktuell-Redakteure Buhrow ermahnt haben, Transparenz herzustellen und seine Nebentätigkeiten zu überdenken. Kein Wunder: Die Frage, ob jemand, der sich von der Deutschen Bank zu einem Vortrag einkaufen lässt, noch unabhängig über eben dieses Institut berichten kann, muss erlaubt sein.
Neid-Debatte, hoch gejazzt
Nicht unterschrieben hätten den Brief Buhrows Vorgesetzte Kai Gniffke und Thomas Hinrichs, berichtet unterdessen Stern.de. Warum auch: "Als Chefredakteure haben sie die Nebentätigkeiten Buhrows jeweils genehmigt." Tatsächlich sind die üppigen Nebenjobs allesamt rechtens und abgesegnet. Das ist die eigentliche Crux dieser Enthüllungen: Sie skandalisieren nur eine längst eingespielte Praxis.
Entsprechend ungehalten reagierten die Pressesprecher der betroffenen Sender. Laut Andreas Stock vom NDR wird das Thema "hoch gejazzt". Und Tobias Häuser vom Hessischen Rundfunk spricht sogar von einer "Neid-Debatte". Will wohl sagen: Kritiker sind immer die, die selbst beim Neben-Jobben zu kurz gekommen sind.
Buhrow ist auch nicht der einzige. Der Zapp-Bericht führte außerdem die ZDF-Leute Claus Kleber (20.000 Euro), Peter Hahne (10.000 Euro) und Petra Gerster (14.000 Euro) sowie ARD-Börsenexpertin Anja Kohl (6.500 Euro) und Sportmoderator Michael Antwerpes (8.000 Euro) vor - in Klammern jeweils die von Zapp recherchierten Buchungskosten. Wahrscheinlich ist das der wahre journalistische Marktwert.