Google startet Zeitungsarchiv

Googles E-Paper-Ansicht: Hauptfenster mit zoombarem Zeitungsausschnitt und gelb markierten Suchtreffern; rechts daneben die kleine Vorschau der Doppelseite; darunter Verlinkungen zu verwandten Suchtreffern.
Screenshot: Google News Archive
Zoom
 + 
Googles E-Paper-Ansicht: Hauptfenster mit zoombarem Zeitungsausschnitt und gelb markierten Suchtreffern; rechts daneben die kleine Vorschau der Doppelseite; darunter Verlinkungen zu verwandten Suchtreffern.
Screenshot: Google News Archive
Zuerst scannte Google Bücher ein. Als nächstes kommen Zeitungen dran. Der Suchmaschinenkonzern hat den Start einer Initiative verkündet, "mehr alte Zeitungsausgaben online erreichbar und durchsuchbar zu machen" - und zwar "durch Partnerschaften mit Verlagen, um Millionen von Seiten aus News-Archiven zu digitalisieren". So steht es in einem Eintrag im offiziellen Google Blog, der von Produkt-Manager Punit Soni gezeichnet ist.

Schmallippiger Konzern
Google lanciert also wieder einmal aus heiterem Himmel ein neues Großprojekt, dass wie schon die Büchersuche viel Staub in den Archivregalen aufwirbelt - und die Branche in Aufregung versetzt. Als Google vor sechs Jahren seinen automatisierten News-Aggregator startete, handelte sich die Firma viele Klagen über Inhalts-Klau ein - aber meistens blieb es bei verbalen Drohgebärden. Tatsächlich existiert nur eine wichtiger bekannter Rechts-Fall: Die Nachrichtenagentur AFP hatte Google im Jahr 2005 in den USA und Frankreich auf Schadenersatz verklagt - man einigte sich zwei Jahre später zu ungenannten Konditionen.

Wer sind also die Partner und was haben sie davon, wenn Google die Zeitungswelt online holen will? Wie gewohnt gibt sich das Unternehmen in seinen Motiven philantropisch - und in geschäftlichen Dingen äußerst schmallippig. Beim Stöbern in Googles Newsarchiv finden sich unter den Quellen zwar schon seit zwei Jahren auch große Namen wie die New York Times, doch sind diese Inhalte nicht von Google digitalisiert, sondern referenzieren nur fremde Datenbanken (was für sich genommen auch schon eine Leistung ist).

Kennzeichen "Google News Archive"
Googles eigene Archivbestände sind an der Kennzeichnung "Google News Archive" erkenntlich - und bislang so gut wie nicht auffindbar. Eine Suche nach dieser Quellenangabe fördert nur wenige Ergebnisse zu Tage; auffällig ist in diesem frühen Stadium, dass die Fundstellen aus kleinen US-amerikanischen und kanadischen Regionalzeitungen stammen und historisch bedeutsame Ereignisse kennzeichnen.

Google selbst brüstet sich, mit dem 244 Jahre alten Quebec Chronicle-Telegraph die älteste nordamerikanische Zeitung als Partner zu haben. Auch mit zwei Firmen, deren Geschäft darin besteht, Zeitungen auf Microfilm zu archivieren, hat man sich zusammengetan. Google dürfte also fürs Erste darum herumkommen, Zeitungs-Originale beschaffen zu müssen, sondern konnte die Seiten bereits vom Film scannen.

E-Paper in jedem Browser
Wie die digitalisierten Blätter im Browser aussehen, lässt sich am besten über einen der Demo-Links wie jenen zur Mondlandung 1969 aus der Pittsburgh Post-Gazette überprüfen. Ein zoombarer Ausschnitt des elektronischen Faksimiles der Zeitungsseite lässt sich zum Lesen bequem mit der Maus über den Bildschirm schieben. Suchbegriffe sind Gelb markiert - das funktioniert aber noch nicht zuverlässig bei allen Fundstellen. Für zusätzliche Orientierung sorgt eine kleines Fenster mit der Ansicht der aktuellen Doppelseite. Das alles funktioniert in diversen Webbrowsern ohne weitere Software, sofern JavaScript aktiviert ist.

In Zukunft will Google Treffer aus seinem Archiv auch den normalen Suchergebnissen beimischen. Dann wird die E-Paper-Ansicht von der bekannten Suchtrefferliste nur noch einen Link entfernt sein. Verlage müssen - wie schon bei der Büchersuche - für die Digitalisierung nichts zahlen und sollen an der Werbung, die Google dazu schaltet, beteiligt werden. Auch einen bezahlten Dokumentenabruf behält sich Google laut Medienberichten vor. Damit würde das Unternehmen in Konkurrenz zu existierenden kommerziellen Archivanbietern treten. Allerdings nutzen deren Produkte nur professionelle Kunden, und zumindest in Deutschland haben die E-Paper-Angebote regionaler und überregionaler Zeitungen nur wenig Leser gefunden.

Wird Googles Zeitungssuche den Sprung zum Massenprodukt schaffen, kann sie vom allgemeinen Geschichts-Trend proftieren, wird sie gar zum Print-Mausoleum im Internet? Wer weiß. Bis der Such-Riese tatsächlich sein eigene Zeitungsarchiv mit "Milliarden von Zeitungs-Seiten aus aller Welt" - so Produkt-Manager Punit Soni im Blog - aufgezogen hat, dürften noch ein paar Jahre vergehen. Noch steht Google ganz am Anfang - das aber nicht zum ersten Mal.