Holtzbrincks Hintertür zum Tagesspiegel

Der Holtzbrinck-Verlag hofft auch nach dem Verkauf des Tagesspiegels an seinen langjährigen Manager Piere Gerckens darauf, das defizitäre Blatt gemeinsam mit der vor zwei Jahren erworbenen Berliner Zeitung betreiben zu können. Wie der Tagesspiegel "in eigener Sache" schrieb, enthält der Kaufvertrag eine zeitlich befristete Call-Option. Diese würde es Holtzbrinck im Falle einer Kartellrechtsänderung ermöglichen, bis zu 75 Prozent der Geschäftsanteile von Gerckens zurückzuerwerben. Holtzbrinck hatte vor einem Monat Gerckens als Überraschungskäufer aus dem Hut gezaubert, nachdem die Aussicht auf eine Ministererlaubnis, für die der Verlag mit der angeblichen Unverkäuflichkeit des Tagesspiegels argumentiert hatte, gesunken waren. Anschuldigungen, dass Gerckens nur ein Strohmann sei, wiesen beide Seiten energisch zurück. Entgegenwirken soll diesem Verdacht offenbar der Umstand, dass sich Holtzbrinck von Gerckens einen so genannten Besserungsschein hat ausstellen lassen; würde der Belgier Anteile am Blatt weiterveräußern, so müsste er Holtzbrinck an den Erlösen beteiligen. Dies ziele auf eine Stabilisierung der vorgesehenen Gesellschafterstruktur und stelle sicher, "dass das Engagement von Dr. Pierre Gerckens auf eigenes wirtschaftliches Risiko erfolgt", so die Mitteilung im Tagesspiegel. Bleibt abzuwarten, ob dem Bundeskartellamt, dem sowohl die Beantragung des Tagesspiegel-Verkaufs als auch die Neuanmeldung des Kaufs der Berliner Zeitung am 10. Oktober zugingen, diese Argumentation einleuchtet. Im Tagesspiegel heißt es jedenfalls: "Wir gehen davon aus, dass das Bundeskartellamt, dem schon detailliert Auskunft erteilt wurde und dem in den nächsten Tagen der endgültige Kaufvertrag zugehen wird, die Freigabe möglichst kurzfristig erteilen wird."
Zuletzt bearbeitet 31.10.2003 10:39 Uhr