Crowdfunding ist eine aus Amerika herübergeschwappte Finanzierungs-Welle für Startups und innovative Projekte - und, wer weiß, vielleicht auch das Kaninchen aus dem Hut für neuen Journalismus. Der alte, von Verlagen finanzierte, kriselt bekanntlich. Als Alternative haben zwei Berliner Journalisten, Sebastian Esser und Wendelin Hübner, heute eine Crowdfunding-Website mit dem schönen Namen Krautreporter.de in die freie Wildbahn entlassen. Zum Start finden sich sechs Projekte mit einem Finanzrahmen zwischen 1.500 und 6.600 Euro.
In der Theorie funktioniert die Website so: Journalisten pitchen Ihre Geschichten via Krautreporter einer interessierten Community, die bereit ist, die journalistische Arbeit finanziell zu unterstützen. Die Offerte muss innerhalb einer Frist - bei den ersten Projekten sind das bis zu 45 Tage - ein selbst gestecktes Finanzierungsziel erreichen, sonst stirbt das Projekt. Im Erfolgsfall wird eine Provision fällig; sie ist mit fünf Prozent moderat gestaltet. Unterstützer können bislang nur per Paypal zahlen.
Vorbild Spot.us
Natürlich hat Krautreporter das Crowdfunding nicht erfunden. In den USA steht spot.us seit 2008 für direkt finanzierten Journalismus. In Amerika herrscht allerdings, was individuelles Engagement angeht, eine dem Crowdfunding eher förderliche Kultur als in Deutschland - meint jedenfalls Linda Wehly, die in einer Bachelorarbeit "Potenziale und Perspektiven" für Crowdfunding im deutschen Journalismus erforscht hat. Doch auch in den USA ist nicht alles Gold was glänzt. Schaut man sich auf spot.us um, findet man Geschichten, die seit einem halben Jahr darauf warten, ihr Finanzierungsziel zu erreichen. Journalismus mit Lagerfrist.
Natürlich hat Krautreporter das Crowdfunding nicht erfunden. In den USA steht spot.us seit 2008 für direkt finanzierten Journalismus. In Amerika herrscht allerdings, was individuelles Engagement angeht, eine dem Crowdfunding eher förderliche Kultur als in Deutschland - meint jedenfalls Linda Wehly, die in einer Bachelorarbeit "Potenziale und Perspektiven" für Crowdfunding im deutschen Journalismus erforscht hat. Doch auch in den USA ist nicht alles Gold was glänzt. Schaut man sich auf spot.us um, findet man Geschichten, die seit einem halben Jahr darauf warten, ihr Finanzierungsziel zu erreichen. Journalismus mit Lagerfrist.
In Deutschland gelten Journalisten, die sich fürs Crowdfunding interessieren, noch als Exoten. Einzelfälle wie die Erfolgsgeschichte von Dirk von Gehlen werden deshalb gerne vorgezeigt. Der Autor und Redaktionsleiter von Jetzt.de, der übrigens ein aufschlussreiches Interview mit Krautreporter-Macher Esser geführt hat, sammelte in kürzester Zeit die erforderliche Mindestsumme von 5.000 Euro für sein Buch Eine neue Version ist verfügbar ein - und zwar über Startnext, eine zweieinhalb Jahre alte (dem Namen zum Trotz deutschsprachige) Crowdfunding-Plattform, auf der auch Filme, Musik-Produktionen oder die Entwicklung von Software um Unterstützer buhlen.
Für Journalismus maßgeschneidert
Alleinstellungsmerkmal von Krautreporter soll es hingegen sein, für journalistische Zwecke maßgeschneidert zu sein: Eingereichte Projekte müssen journalistischen Grundregeln und dem Pressekodex genügen, sie müssen aussagekräftig dokumentiert werden und sie finden - hoffentlich - eine an journalistischen Inhalten interessierte Zielgruppe. Letzteres, eine entsprechende Community zu schaffen und für das "spread the word" über soziale Netzwerke zu sorgen, wird ein Knackpunkt für die Krautreporter-Macher sein. Zum Launch machen sie das schon einmal ganz gut, wie Medien-affine Nutzer in ihrer Twitter-Timeline sehen können.
Alleinstellungsmerkmal von Krautreporter soll es hingegen sein, für journalistische Zwecke maßgeschneidert zu sein: Eingereichte Projekte müssen journalistischen Grundregeln und dem Pressekodex genügen, sie müssen aussagekräftig dokumentiert werden und sie finden - hoffentlich - eine an journalistischen Inhalten interessierte Zielgruppe. Letzteres, eine entsprechende Community zu schaffen und für das "spread the word" über soziale Netzwerke zu sorgen, wird ein Knackpunkt für die Krautreporter-Macher sein. Zum Launch machen sie das schon einmal ganz gut, wie Medien-affine Nutzer in ihrer Twitter-Timeline sehen können.
Potentielle Unterstützer suchen nach Themen und journalistischen Ideen, die brisant, drängend oder einfach originell und interessant sind. Krautreporter rührt die Werbetrommel für Journalisten, die über ein Thema berichten wollen, das wichtig ist, um das sich aber niemand kümmert.Ein weiterer Anreiz für Investoren, ein Projekt zu unterstützen, sind Prämien. Das sind symbolische Gegenleistungen, kleine Dankeschöns, wie eine Postkarte, ein Anruf, ein Fotobuch, eine DVD, ein Magazin, eine Erwähnung auf der Webseite oder ein Besuch am Set. (Krautreporter-FAQ)
An Story-Angeboten sollte es grundsätzlich nicht mangeln. Allerdings muss sich zeigen, für welche journalistischen Formen Crowdfunding adäquat ist. Zu schnellen, newsigen Inhalte passt der langfristige Pitching-Prozess jedenfalls nicht. Umgekehrt erscheinen Mammut-Recherchen a la ProPublica (einer spendenfinanzierten Plattform in den USA) eine Nummer zu groß. Und ein Investigativ-Journalist wird seine Pläne auch kaum vorab einer crowd preisgeben, obwohl die Website lobenswerter Weise über eine verschlüsselte SSL-Verbindung erreichbar ist.
So dürften am ehesten Projekte, die auf spezielle Präsentationsformen (Multimedia-Reportagen, Daten-Journalismus) setzen, und natürlich - wie stets im Internet - Zielgruppen-spezifische Inhalte, die durch das allgemeine Sieb der Mainstream-Medien fallen, reüssieren. Unter den ersten sechs Angeboten hat die hiostorische Film-Dokumentation Viktors Kopf wohl das meiste Gewicht, während für Onliner die "interaktive und multimediale Webdoku" Kopf oder Zahl am spannendsten sein dürfte, zumal die Macher reizvolle Prämien ausloben. Außerdem werden zwei Dokumentarfilme, ein Buch und zwei Online-Projekte gepitcht.
Crowdfunding bedeutet Umdenken
Für Journalisten bedeutet Crowdfunding in jedem Fall: umdenken. Sie müssen ihre Angebote nicht mehr einzelnen Ansprechpartnern in einer Redaktion zu festen Honorarsätzen verkaufen, sondern treten direkt vor ein unbekanntes, noch zu findendes Publikum.
Für Journalisten bedeutet Crowdfunding in jedem Fall: umdenken. Sie müssen ihre Angebote nicht mehr einzelnen Ansprechpartnern in einer Redaktion zu festen Honorarsätzen verkaufen, sondern treten direkt vor ein unbekanntes, noch zu findendes Publikum.
"Wir bemühen uns sehr, dass die Marke Krautreporter schon bald für tollen, berührenden, harten Journalismus steht, auch für neuartige Geschichten und Formate, die uns auf der Suche nach der Zukunft des Journalismus voran bringen."So Krautreporter-Mitgründer Esser im Interview mit von Gehlen. Da entsteht also nicht nur eine Crowdfunding-Plattform, sondern im Erfolgsfall auch eine neue Medienmarke. Finanzierte Geschichten müssen am Ende auch auf Krautreporter veröffentlicht werden. Im Übrigen spricht nichts dagegen, dass einzelne Crowdfunding-Produkte am Ende auch noch in einem klassischen Verlags-Produkt landen; die Rechte liegen selbstverständlich beim Autor.