Welche Nachrichtenagentur darf das Auswärtige Amt und die diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik mit Nachrichten versorgen? Nachdem die Deutsche Presse-Agentur bis 2010 diesen herzlich unwichtigen, dafür aber ebenso prestige- wie geschäftsträchtigen Auftrag stets automatisch erhalten hatte, musste er im letzten Jahr nach einer Rüge des Bundesrechnungshofs erstmals ausgeschrieben werden. Dabei setzte sich die aus ddp und Deutscher AP gebildete Agentur dapd unter drei Bewerbern durch. Doch erst eine gestrige Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf machte die Auftragsvergabe offiziell.
Dass Gerichte über Großaufträge für Nachrichtenagenturen entscheiden müssen, ist dem harten und teilweise bizarren Konkurrenzkampf in der Branche geschuldet. Seit zwei Finanzinvestoren den dapd mit Zukäufen (zuletzt: AP Frankreich), Personal-Abwerbungen und aggressiven Preisen zum dpa-Herausforderer hochrüsteten, steht der Agenturmarkt unter Strom.
Nicht um große Worte verlegen
Und wie immer sind die dapd-Eigentümer nicht um große Worte verlegen, wenn es einen Erfolg gegen den Erzrivalen zu feiern gilt. "Das Urteil zeigt: Auch bei Nachrichtenagenturen darf der Wettbewerb der Ideen und Konzepte nicht mehr zum Schaden der Steuerzahler umgangen werden“, ließ Martin Vorderwülbecke, Vorstandsvorsitzender der dapd media holding, verlauten.
Das Unternehmen will nun für die Diplomaten in acht Sprachen Nachrichten aus und über Deutschland produzieren. Die Meldungen aus den Ressorts Politik, Wirtschaft, Kultur, Vermischtes und Sport würden dem Auswärtigen Amt und den deutschen Auslandsvertretungen zur Verfügung gestellt, heißt es in einer Pressemitteilung.
Newsletter-Basteln in Washington
Wozu das alles gut sein soll? Der Nachrichten-Auftrag solle das Deutschlandbild im Ausland fördern, teilte dapd schon bei früherer Gelegenheit mit. "So verwendet beispielsweise die deutsche Botschaft in Washington diese Informationen, um einen wöchentlichen Newsletter zu aktuellen Themen in Deutschland zu erstellen, der an fast 20 000 Interessenten verschickt wird."
Ein hoch-sensibler Auftrag also, für den dpa (Gesamtumsatz 2010: 88 Millionen Euro) bisher pro Jahr 3,5 Millionen Euro kassiert haben soll; dapd (Umsatz 2011: 31,7 Millionen Euro) macht es dem Vernehmen nach erheblich billiger. Kein Wunder, dass dpa sich nicht kampflos fügen wollte. Gegen den Ende 2011 erteilten Zuschlag hat man Beschwerde bei der Vergabekammer des Bundes eingelegt - oder, wie die dapd-Kommunikatoren es süffisant nennen, "die Bundesrepublik verklagt".
Keine Qualität?
Die tatsächlich ungewöhnliche Beschwerde begründeten dpa-Geschäftsführer Michael Segbers und Chefredakteur Wolfgang Büchner damals gegenüber dem Kontakter so: Der Konkurrent dapd besitze "keine internationale Erfahrung" und bestreite seine Auslands-Berichterstattung "größtenteils durch das Übersetzen von AP-Texten". Die VK Bund wollte der Qualitäts-Argumentation jedoch nicht folgen und wies die Beschwerde im letzten Januar zurück.
In letzter Instanz bestätigte nun das Oberlandesgericht Düsseldorf die Rechtmäßigkeit der Vergabe. Während dpa einiges Porzellan zerschlagen hat, ist ist der Ritterschlag zum diplomatischen Dienst aus Sicht der dapd ein großer Erfolg. Nun müssen sie aber noch liefern, damit die Washingtoner Botschaft auch in Zukunft hochqualitative Newsletter basteln kann.