Exakt 988 Euro und 50 Cent hat die taz in ihrem ersten vollen Monat als Nutzer des neuen Social Media-Bezahldienstes Flattr erlöst. "Am stärksten honoriert werden die Texte, in denen es gegen die Lieblingsfeinde unserer Leser geht", schreibt taz-Redakteur Sebastian Heiser im Hausblog.
Die taz hat als erste Tageszeitungs-Website einen Flattr-Button eingebaut. Knapp 1.000 Euro Erlös wären für einen einzelnen Blogger ein guter Wert - für eine Profi-Redaktion sind das aber nur Peanuts. Zum Vergleich: Einschlägig bekannte Blogs verdienten im Juni mit Flattr 576,53 Euro (netzpolitik.org) oder 352,89 Euro (Stefan Niggemeier). "Flattr scheint auf dem Weg zu einem überzeugenden Geschäftsmodell für Blogs, das wir auf jeden Fall weiter beobachten werden", heißt es bei Carta (201,22 Euro).
Ob Peanuts oder nicht: Die Rendite ist in jedem Fall als traumhaft zu bezeichnen. Auch bei der taz, die bei Flattr selbst monatlich nur 20 Euro einsetzt und dies auch transparent bloggt.
Geflattert, aber nicht preiswürdig
Lohnenswerter ist die Analyse des Nutzerverhaltens: Nun weiß die taz, dass den Lesern ein Artikel über eine Horst-Köhler-Satireseite im Juni am meisten wer war - nämlich 33,11 Euro -, während es für einen Kommentar über den farblosen Christian Wulff noch zu 7,34 Euro und Platz zehn reichte.
"Aber nicht alle gutgeklickten Artikel werden auch vielgeflattert", schreibt der taz-Hausblogger. Der Klick-Spitzenreiter des Monats, der Live-Ticker über die Bundespräsidentenwahl, sei nur 19-mal geflattert worden und "wurde wohl eher als Chronistenpflicht-Berichterstattung gesehen, mit der man offenbar keinen Blumentopf gewinnen kann". Und wenn wir schon über neue Finanzierungsmodelle für Journalismus reden: Journalistenpreis-würdig im klassischen Sinne wäre überhaupt keiner der Top-10-Artikel.
Nutzer-Analyse und Datenschutz
Insgesamt wurde der Flattr-Button der taz 5590-mal geklickt. Im Durchschnitt war also jeder Klick knapp 18 Cent wert. Die Summe, die pro Klick ausgezahlt wird, legt bei Flattr nicht der Content-Anbieter fest. Statt dessen hat jeder Nutzer ein Monats-Budget, das unter allen Seiten-Betreibern aufgeteilt wird, die er flattert. Die insgesamt meist geflatterten Beiträge des letzten Jahres/Monats/Tages lassen sich von jedermann auf der Flattr-Website einsehen. Weil Flattr selbst Nutzerdaten aufzeichnet, damit Klick-Auswertungen möglich werden, ist der Dienst bereits ins Visier von Datenschützern gerückt.
Gerüchte, dass die taz künftig auch ihren Print-Abonnenten erlauben will, den Bezugs-Preis monatlich neu festzulegen oder auch gar nichts zu zahlen, wurden übrigens nicht bestätigt.