Spiegel Online hat angekündigt, im kommenden Frühjahr in einem Joint Venture mit der Bertelsmann-Tochter Wissen Media Group ein großes Konglomerat an eigenen und fremden Inhalten freischalten. Wertvollste Ressource ist dabei das Spiegel-Archiv, das alle Ausgaben seit der Magazingründung 1947 bereithalten soll - kostenlos.
Verkauft wird dann nur noch das E-Paper der aktuellen Ausgabe. Vorgemacht hatte diese Freisetzung von Artikeln die New York Times, die sich schon im Spätsommer weitgehend vom paid content verabschiedete.
Neben der Hausmarke werden über wissen.spiegel.de auch Bertelsmann-Lexika und -Wörterbücher sowie Einträge aus der freien Enzyklopädie Wikipedia abrufbar sein - eine Art Mashup aus freien und unfreien Quellen also. "Erstmals wird es möglich sein, alle relevanten Informationen zu einem Suchwort aus unterschiedlichen kompetenten Quellen mit einem Klick zu finden", wird Verlagsgeschäftsführer Mario Frank in einer Pressemitteilung zitiert.
Wenn's weiter nichts ist: Das versprachen schon die Portal-Bauer Ende der 90er Jahre - vor ihrer Entzauberung durch einen simplen Suchschlitz namens Google.
Klick-Marktführer
Der Schachzug des Spiegels bedeutet zweierlei: Kostenpflichtige E-Paper und Bezahlartikel, die eigentlich auf Spiegel Online vergleichsweise gut integriert waren (im Gegensatz etwa zu FAZ und Süddeutscher Zeitung), haben - abgesehen von Spezialangeboten - auch hierzulande ausgedient. Geld will man nun mit immer mehr werbefinanzierten Inhalten verdienen, die immer mehr Klicks generieren - und sei es mit Hilfe einer freien Enzyklopädie, die nicht nach traditionell journalistischen oder lexikalischen Maßstäben funktioniert.
Doch halt: Laut Ankündigung soll ja eine "zunächst achtköpfige Redaktion" die Wissens-Inhalte "aufbereiten, ständig aktualisieren und erweitern". Ob das ein Qualitätsmerkmal ist? Solche Redaktionen leisten sich die Lexikonverlage auch heute schon für ihre Online-Ableger; nur sind sie alles andere als aktuell, wie zuletzt wieder ein vom Stern publizierter Vergleich der Wikipedia mit dem Brockhaus in 15 Bänden bewies. Da ist eine große Nutzergemeinde einfach besser.