TV-Quoten: Dreiklassengesellschaft im tristen Fernsehjahr 2009

Die Deutschen schauten im ablaufenden Jahr fünf Minuten länger Fernsehen als 2008: exakt 3:32 Stunden täglich, wie die GfK-Fernsehforschung schon kurz vor Jahresende ermittelte und die ARD stolz vermeldete: "Entgegen mancher Prognose ist das Interesse am Fernsehen also ungebrochen und erreicht eine Größenordnung, die bisher nur im Jahr 2006 gemessen wurde."

Was auch immer die Zuschauer fünf Minuten länger vor den Apparaten hielt - ein besseres Programm kann es nicht gewesen sein. Tatsächlich verlief das Fernsehen 2009 so ausrechenbar wie das kleine Einmaleins. Selbst das Quoten-Kalkül war simpel: In einem Jahr ohne Fußball-Welt- oder Europameisterschaft und auch ohne Olympische Spiele mussten ARD und ZDF als traditionelle Sportrechteinhaber erwartungsgemäß zurückstecken.

Dass bei den Privatsendern das Programm von Einsparungen diktiert wird, störte deren Stammpublikum offenbar nicht. Aber privat ist nicht mehr gleich privat: Während RTL deutlich von den Verlusten des gebührenfinanzierten Fernsehens profitierte, stagnierten die führenden Sender der hoch verschuldeten ProSiebenSat.1-Gruppe. Da ist niemand in Sicht, der das Prozellan, das die Finanzinvestoren KKR und Permira dort zerschlagen haben, wieder einsammeln würde.

ARD trotz Verlusten weiter Marktführer
Die ARD war in dieser Dreiklassengesellschaft zwar zum sechsten Mal in Folge Nummer eins, ihr Marktanteil sank aber von 13,4 Prozent im Olympia- und EM-Jahr 2008 auf 12,7 Prozent. Das ZDF verbuchte statt 13,1 nur noch 12,5 Prozent. Für RTL, letztmals 2003 Marktführer, ging es dagegen von 11,7 auf ebenfalls 12,5 Prozent bergauf.

Bei der sogenannten "werberelevanten Zielgruppe" der 14- bis 49-Jährigen steigerte sich RTL sogar um 1,2 Prozentpunkte auf 16,9 Prozent. Dagegen bauten ARD und ZDF in der Zielgruppe auf 6,6 bzw. 6,3 Prozent ab - weniger als je zuvor.

Private Blöcke
Selbst für die Pressestelle der deutschen ProSiebenSat.1-Sender, die inzwischen unter German Free TV Holding firmieren, gab es etwas zu jubeln: In der Gesamtaddition liegen sie mit einem Marktanteil von 30,1 Prozent (Vorjahr: 29,4 Prozent) vor der RTL-Gruppe (28,1 Prozent). Im Einzelergebnis verbesserte sich Sat.1 von 10,3 auf 10,4 Prozent, während ProSieben das Vorjahresergebnis von 6,6 Prozent hielt. Den größten Erfolg feierte Kleinsender Kabeleins, der mit 3,9 Prozent (plus 0,3 Prozentpunkte) zu RTL2 aufschloss.

Trotz des schwachen öffentlich-rechtlichen Fernsehjahres - nur die Dritten Programme konnten bei wohlwollender Addition zulegen: von 13,2 auf 13,5 Prozent - hatte das ZDF die meistgesehenen Sendungen des Jahres im Programm: Den WM-Qualifikations-Kick Russland-Deutschland sahen 12,46 Millionen Zuschauer (Marktanteil 55,6 Prozent), und die Premiere der Co-Moderatorin Michelle Hunziker bei Wetten, dass ... wollten 11,31 Millionen Zuschauer (38,0 Prozent) sehen.

Nachrichten-Rennen
Die Tagesschau um 20.15 Uhr erreichte durchschnittlich 8,86 Millionen Zuschauer (Marktanteil 32,3 Prozent) - allerdings nur, wenn man zur Übertragung im Ersten noch die Ausstrahlung in mehreren Dritten Programmen sowie bei 3sat und Phoenix hinzurechnet. Dagegen war RTL Aktuell wieder die meistgesehene Hauptnachrichtensendung der "Zielgruppe" und landete wie im Vorjahr beim Gesamtpublikum mit 3,76 Millionen Zuschauern vor Heute (3,75 Millionen), aber hinter der Tagesschau (5,26 Millionen).

ProSiebenSat.1 kann auf diesem Feld nicht mehr konkurrieren. Vorstands-Chef Thomas Ebeling kündigte sogar an, den News-Kanal N24, der auch die anderen Sender der Gruppe mit Nachrichten versorgt, wegen Verlusten zum Verkauf auszuschreiben.