Wenn Journalisten zu Pressesprechern konvertieren, gilt das als Karrieresprung: Da hat jemand seine Kontakte genutzt und ist auf der lukrativeren anderen Seite "angekommen". Wenn Pressesprecher in den Journalismus zurückkehren, noch dazu in Zeiten wie diesen, dann müssen sie wohl etwas falsch gemacht haben. Oder zielstrebig Intendant beim Bayerischen Rundfunk werden, wie Ulrich Wilhelm.
Brisant wird diese Personalie, weil der 48-jährige Münchner zuvor nicht in der freien Wirtschaft tätig war, sondern seit 2005 als Regierungssprecher für Angela Merkel sprach und nun bruchlos vom Bundespresseamt in den Rundfunk-Chefsessel wechselt. Eine Personalie wie aus dem letzten Jahrhundert und in einer Art, als hätte der jüngste Ärger beim ZDF, wo Chefredakteur Nikolaus Brender zum Spielball Roland Kochs und seiner schwarzen Freunde wurde, nicht stattgefunden. War da was?
Unabhängig gegenüber Kritik von außen
Offenbar nicht. Der Rundfunkrat des ohnehin durch und durch christsozialisierten BR wählte Wilhelm mit 40 von 44 Stimmen und demonstrierte damit zumindest seine Unabhängigkeit gegenüber Kritik von außerhalb. Der ebenfalls angetretene Landtags-Korrespondent Rudi Erhard, ein erfahrener Reporter, dem in dieser Konstellation der unschmeichelhafte Part des Zählkandidaten zukam, erhielt nur drei Stimmen.
Der Mann, dem die FAZ eine "stählerne Freundlichkeit" bei der Bewältigung von Konflikten bescheinigt, wird also Thomas Gruber beerben, der vorzeitig zum 31. Januar 2011 geht. Eigentlich hätte seine zweite Amtsperiode bis 2012 gedauert. Doch Gruber hat Platz gemacht für Wilhelm, einen gelernten Journalisten und Volljuristen mit beeindruckender Vita, der fünf Jahre lang Regierungspolitik verkaufte und der als BR-Intendant - positiv formuliert - einen kurzen Draht zur Politik besitzen dürfte.