Die Bundesregierung will die geplanten gesetzlichen Erleichterungen für Fusionen und Übernahmen in der Zeitungsbranche so bald wie möglich durchbringen, um dem
Holtzbrinck-Verlag die Übernahme der
Berliner Zeitung zu ermöglichen. Der
Süddeutschen Zeitung zufolge soll der Bundestag die Änderung des Kartellrechts zum 1. Mai 2004 verabschieden. Bis dahin müsste Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement das laufende, von Holtzbrinck beantragte Ministererlaubnis-Verfahren noch verzögern.
Offiziell wird die Verknüpfung der Kartellrechts-Novelle mit dem Fall Holtzbrinck zwar vom Bundeswirtschaftsministerum dementiert. Zudem hatte Clement bei der letzten Anhörung in Berlin eine
"schnelle Entscheidung" versprochen. Doch wird Holtzbrinck laut SZ-Informationen eine Aussetzung des Verfahrens beantragen - wohl unter Hinweis auf die anstehende Gesetzesänderung.
Mit anderen Worten: Clement bliebe die Entscheidung über eine Ministererlaubnis erspart, die wohl negativ hätte ausfallen müssen. Denn mit dem Hamburger
Heinrich-Bauer-Verlag hatte sich ein Kaufinteressent für Holtzbrincks Tagesspiegel gemeldet - womit die Argumentation der Stuttgarter, dass das defizitäre Blatt nur im Vetriebs- und Anzeigenverbund mit der Berliner Zeitung überlebensfähig sei, brüchig wurde.
Den vor allem aus dem Hause Springer kommenden Gegenwind gegen eine
"Lex Holtzbrinck" (Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner) will die Bundesregierung nach dem Motto
"Was Holtzbrinck darf, dürft ihr künftig auch" entschärfen, so die Süddeutsche. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der die Pläne demnächst beim Jahreskongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger vortellen will, lege großen Wert darauf, dass es sich die Regierung nicht mit anderen Pressekonzernen verderbe.
Ob die Branche diese Kröte so leicht schlucken wird, ist allerdings fraglich. Freude am Fall wettbewerbsrechtlicher Schranken, die bisher durch die Pressefusionskontrolle für das Verlagswesen besonders geregelt waren, werden ohnehin nur die großen Zeitungshäuser haben: Der Kanzler als Genosse der Zeitungsbosse.
Die unseelige Verkuppelung der Gesetzesinitiative mit der Causa Holtzbrinck hat indes das Potential zu einem politischen Skandal. Irgendjemand müsste jetzt ganz schnell die Notbremse ziehen, bevor für die Verlagswirtschaft und das freie Pressewesen in Deutschland großer Schaden entsteht.