Was man so Lifestyle nennt: Online Today macht dicht

Erst starben die Börsenmagazine, dann die Online-Lifestyle-Hefte. Die Einstellung von Online Today mit dem Juni-Heft, die Gruner + Jahr gerade bekannt gegeben hat, erinnert in der Abfolge der Ereignisse an das Schicksal des Wirtschaftstitels Bizz (Relaunch und Schluss) aus gleichem Hause und passt auf den ersten Blick in das altbekannte Schema K: Krise der New Economy. Zu einfache Erklärung Auch der Verlag bemüht diese Begründung: "Wie in keinem anderen Zeitschriften-Segment waren Erfolg und Misserfolg so eng an den Aufstieg und Fall der sogenannten New Economy gekoppelt wie im Markt der Internet-Magazine. Für das Segment ist nach unserer Beurteilung derzeit kein Hoffnungsschimmer in Sicht." Eine Erklärung, die leicht fällt, aber nicht alles erklärt. Der "Hoffnungsschimmer" ist nämlich vor allem dort verglommen, wo Verlage mit IT-Themen Lifestyle verkaufen wollen. So kam Heises fertig entwickeltes Emos-Projekt eines Magazins für "mobilen Lifestyle" gar nicht erst aus den Startlöchern heraus. Generell schlecht geht es auch den Internet-Magazinen, ob mit oder ohne Lifestyle. So stürzte die Internet World im Vergleich der Zahlen des ersten Quartals 2001 und 2002 von rund 88.000 auf 60.000, Internet Magazin von 63.000 auf 46.000 und Internet Professional von 53.000 auf 46.000 - Einbrüche zwischen 13 und 32 Prozent. Immerhin sind sie alle - bis auf die im letzten Jahr zu Tode reformierte PC Online aus den Vogel-Verlag und das mit der relaunchten COM-Online verschmolzene Homepage-Magazin - noch mehr oder weniger lebendig an Deck. Mag sein, dass man bei Gruner + Jahr an solchem Kleinvieh nicht interessiert ist. Online Today lag zuletzt nach Verlagsangaben bei 116.000 Exemplaren - ein Abstieg um 30 Prozent gegenüber der 165.000er Auflage im ersten Quartal 2001, der den Verlag zum routinierten Druck auf die "Cancel"-Taste veranlasste. Für Anzeigenkunden, nicht für Leser konzipiert Im Gegensatz zu den bunten Hochglanz-Blättern, die mehr für die Anzeigenkunden als für einen real existierenden Leser-Markt konzipiert wurden, halten sich die technischen Titel immer noch besser. Computer- und Internet-Magazine werden offenbar vor allem von Nutzwert-interessierten Lesern goutiert, die ihren Rechner nicht als Blackbox begreifen. Solche Leute finden Workshops über undokumentierte Windows-Funktionen durchaus "sexy" - und gähnen, wenn Tomorrow, der letzte Mohikaner der Möchtegern-Lifestylisten, seinen Glamourfaktor durch die Darbietung blanker Haut auf dem Titel zu beweisen sucht und ansonsten durch praktisches Halbwissen glänzt. Schon jetzt laufen die Wetten, wie lange sich Tomorrow (verkaufte Auflage im ersten Quartal 2002: 202.000) als regelmäßiger Zeitschriftentitel noch halten wird. Die Meldung, dass Milchstraßen-Gründer Dirk Manthey mit Gruner+ Jahr eine Übernahme von Online Today verhandeln würde, wurde jedenfalls vorerst durch die Einstellung überholt. Außer den 30 Mitarbeitern, für die jetzt wie üblich "sozialverträgliche Lösungen angestrebt und dort, wo es möglich ist, interne Stellenangebote geprüft" (G+J) werden, gibt es offenbar wenig Leute, die dies wirklich bedauern.
Zuletzt bearbeitet 02.05.2002 12:46 Uhr