PROFIL
Web.de zählt zu den ersten deutschsprachigen Webkatalogen. Aber die Betreiber vom Karlsruher Internet-Systemhaus
Cinetic, die Web.de per 1. Januar 1999 als eigenständige Aktiengesellschaft ausgegliedert haben, orientierten sich bei der Weiterentwicklung ganz offensichtlich an internationalen Standards. Das Resultat: Seit dem Start im Dezember 1995 ist der Service, der im Juli 1999 die Aufnahme des 200.000. Eintrages bekannt gab, sowohl inhaltlich als auch in der Handhabung erheblich weiterentwickelt worden. Die aktuelle Gesamtzahl der Katalogeinträge lässt sich übrigens auf der Homepage stets überprüfen.
Thematisch ist eine gewisse Konsumlastigkeit nicht zu übersehen: So gibt es unter den 16 Rubriken eigene Kategorien für "Online-Einkaufen" und "Auto". Auch damit dürfte man im internationalen Trend liegen. Insgesamt zählt der Katalog nach Betreiberangaben über 7.400 Rubriken, die - wie allgemein üblich - hierarchisch organisiert sind und von 15 Online-Redakteuren gepflegt werden. Vom Zeitpunkt der Anmeldung einer Website bis zu deren Aufnahme sollen, so wird versprochen, nicht mehr als drei Wochen vergehen.
Doch Web.de ist mehr als "nur" ein Webkatalog. Der Navigationsdienst bietet ein Nachrichten-Archiv samt Ausschnittdienst und wartet mit zwei "Pioniertaten" auf: einem deutschsprachigen Newsgroups-Archiv und verschlüsselter Email. Außerdem wird seit März 1999 mit der Suchmaschine AltaVista kooperiert. Trotz zahlreicher Verbesserungen wirkt Web.de aber im Detail nicht immer ausgereift.
SUCHFOMULAR
Wie andere Kataloge auch kann man Web.de entweder durchblättern oder durchsuchen. Die Suche war anfangs allerdings eine Zumutung für ernsthafte Anwender: Weder gab es Operatoren zur Verknüpfung mehrerer Suchbegriffe, noch hielt sich die Software an Wortgrenzen - der Suchbegriff "See" generierte auch Treffer wie "Wannsee" oder "Seele".
Inzwischen werden sowohl Phrasen als auch Vorzeichen (+/-) unterstützt. Standardmäßig führt Web.de aber eine unscharfe Suche aus. Suchbegriffe werden mit einem logischen Oder verknüpft; das Ranking muss dann dafür sorgen, dass Dokumente umso eher gelistet werden, je mehr vorgegebene Suchbegriffe darin vorkommen (Best Match). Aber Achtung: Auch weiterhin hält sich Web.de nicht an Wortgrenzen, selbst bei Phrasen nicht. Auch Groß- und Kleinschreibung werden nicht unterschieden.
Dem Trend zu erweiterten Suchformularen folgend bietet Web.de gleich deren sechs an, wobei die Unterschiede in den Konfigurationsmöglichkeiten liegen. Eine gute Idee ist, jedem Anwender immer sein bevorzugtes Suchformular anzuzeigen; allerdings muss man akzeptieren, dass zu diesem Zweck ein "Cookie" gesetzt wird. Die meisten Konfigurationsmöglichkeiten erlaubt die
Erweiterte Suche. Dort können zusätzlich Sprache, Fundort im Dokument (Titel, Inhalt, URL), Dateityp, Änderungszeitraum, Top-Level-Domain und Servername spezifiziert werden.
Die Sache hat nur einen Haken: Mit diesen zusätzlichen Optionen kann nur AltaVista etwas anfangen, im Katalog kann man damit nicht suchen. Damit erweist sich ihr Nutzen als fragwürdig.
AUSGABE
Fundstellen innerhalb des Kataloges zeigt Web.de konsequenterweise immer als Erstes an: zunächst Kategorien - sofern sich welche finden, die mit der Suchanfrage übereinstimmen -, dann einzelne Einträge. Herrscht auch hier Fehlanzeige, so wird automatisch auf AltaVistas Suchergebnisse zurückgegriffen. Zudem finden sich am Ende der Trefferliste Links, um die gleiche Anfrage an andere Suchdienste weiterzureichen.
Per Button-Klick springt man zwischen den einzelnen Trefferlisten (Katalog, deutsches Web, internationales Web) hin- und her. Das ist komfortabel. Unkomfortabel ist, dass sich die Ausgabe der Treffer pro Seite nicht beeinflussen lässt: Es sind immer zehn.
Für jeden Treffer gibt WEB.DE Kategorienpfad (z. B.
WEB.DE > Wirtschaft> Dienstleistung> Medien> Produktion), Titel, einem kurzen Beschreibungstext und die URL an. Wird aber der Katalog nicht durchsucht, sondern durchblättert, dann fehlt unverständlicherweise die URL-Angabe. Sie lässt sich auch nicht hervorzaubern, indem man den Mauszeiger über den Link führt, denn Web.de verzweigt nicht direkt, sondern benutzt interne Sprungadressen.
Bei einer Katalogsuche werden die Suchwörter in der Trefferliste optisch hervorgehoben. Außerdem erfährt man die Relevanz des jeweiligen Eintrages in Prozent. Als einer von wenigen Suchdiensten legt WEB.DE die
Berechnungsgrundlage seiner Relevanzbewertung offen. Sehr leistungsfähig ist sie nicht. Bei einer unscharfen Suche nach "Web" wird beispielsweise die Kategorie "Spinnerei&Weberei" mit 100 Prozent Relevanz bewertet, "Webdesign" und "Webhosting" bekommen aber nur 96 Prozent.
Am Beginn einer jeden Trefferliste werden schließlich die Gesamtzahl der gefundenen Einträge und ein Suchformular mit der aktuellen Anfrage eingeblendet.
WEB-SUCHE
Greift WEB.DE auf Suchergebnisse aus dem großen Web-Index von AltaVista zurück, so sind diese vollkommen in die Benutzeroberfläche integriert. Unter
Expert-Suche findet man zudem ein Formular, dass komplett auf AltaVista zugeschnitten ist und die Verwendung logischer Operatoren verlangt. Aber auch hier gilt wie schon bei der Erweiterten Suche: So weit reicht die Integration nicht, dass damit auch der eigene Katalog durchsuchbar wäre.
NEWSGROUPS-SUCHE
Für die deutschsprachige Newsgroups-Szene könnte WEB.DE das sein, was der US-Dienst Deja.com (früher: Deja News) auf internationaler Ebene darstellt. Seit 1998 wird ein
Archiv aus über 1.200 deutschsprachigen Newsgroups aufgebaut. Durchsuchen lässt es sich mit der gleichen Funktionalität wie der Katalog. Zudem erlaubt Web.de, eigene Beiträge an Newsgroups zu senden.
PORTALFUNKTIONEN
Neben Ressourcen wie Wetterdienst, Routenplanung und der - wow! - "weltweit ersten Chat-Suchmaschine" bietet web.de einen kostenlosen webbasierten Emaildienst (
Freemail) an. Das tun andere zwar auch, doch kann dieser hier mehr: Die Postings lassen sich mit digitalen Signaturen vor unerwünschten Mitlesern schützen. Wer will, kann zudem kostenlos Faxe aus dem Webbrowser heraus versenden.
NEWS
Ein "Bonbon" ist der im Februar 1998 gestartete Ticker-Dienst
Seite 1, der die Ticker-Abteilungen vieler anderer Portale in den Schatten stellt. Die auflaufenden Meldungen werden gesammelt und bilden ein täglich wachsendes, durchsuchbares Archiv. Leider hat Web.de Anfang 1999 die Pferde gewechselt und von Branchenführer dpa auf AP Deutschland und sid als News-Provider umstellen müssen. Damit waren dann die gesammelten dpa-Meldungen auch nicht mehr verfügbar.
Zu sogenannten "Brennpunkten" schnürt Seite 1 gebündelte Nachrichtenpakete und liefert externe Web-Links.
Richtig rund wird die Nachrichtenabteilung mit Reporter, einem echten Ausschnittdienst: Anhand von Schlagworten, die der Anwender nach kostenfreier Registrierung bestimmen kann, wird ein Suchprofil erstellt. Sodann kommt jeden Tag eine Email mit passenden Titelzeilen und Links zum Meldungstext ins virtuelle Haus geflattert.
DESIGN
"Schneller, schlanker, moderner" sei ihr Dienst geworden, meldeten die Betreiber nach dem Relaunch im März 1999. Diese Begeisterung muss man nicht teilen. Zwar wurden Bedienungsfreundlichkeit und Inhalte ausgebaut, doch macht das Layout generell einen fahrigen und gestaltlosen Eindruck. Schon die Homepage wirkt mit der wasserblauen Einheitsschrift und dem Verzicht auf strukturierende Elemente gedrungen und wenig repräsentabel. Natürlich geht es bei Webkatalogen nicht darum, grafische Gimmicks zu produzieren. Um ein ansprechendes Informationsdesign aber schon.
Darüber hinaus zeigt sich, dass der Aufbau der Seiten in unregelmäßigen Abständen ins Stocken gerät. Dieses Problem konnte auch das neue, "schlanke" Design nicht abstellen. Dies legt den Schluss nahe, dass es sich eher um ein Problem des Servers beim dynamischen Seitenabruf bzw. der Anbindung handelt.
DOKUMENTATION
Web.de verfügt sowohl über eine generelle Hilfe, die direkt über die Homepage erreichbar ist, als auch über kontextbezogene Hilfen, deren Links sich direkt auf den einzelnen Suchformularen befinden. Sie öffnen sich in einem kleinen Zusatzfenster; eine bedienungsfreundliche Lösung.