Welche Abrufzahlen müsste eine große Tageszeitung generieren, um im Internet genauso viel Geld zu verdienen wie mit der Printausgabe? Die ehemalige Merril-Lynch-Analystin Lauren Fine, die den wohlklingenden Titel Research Director bei der angloamerikanischen Digitalmedien-Plattform ContentNext trägt, hat diese und andere Fragen rund um die Profitabilität von Online-News zum Thema einer 50-seitigen Studie gemacht, die einige verblüffende, wenn auch teilweise nur oberflächlich durchgerechnete Antworten gibt.
Abrufzahlen versiebenfachen
So müsste die New York Times, mit ihrer aufwändigen Website so etwas wie das Flaggschiff aller Tageszeitungen im Internet, ihren derzeitigen Traffic mehr als versiebenfachen, wollte sie mit 1,3 Milliarden Seitenabrufen pro Monat mittels Online-Werbung so viele Anzeigeneinnahmen erzielen wie die Printausgabe, nämlich 300 Millionen Dollar im Vierteljahr. Dann, so Fine, könnte die Times auf die Druckkosten verzichten und als "web-only"-Publikation weiter fortgeführt werden.
Diese Rechnung ist natürlich verführerisch; zeigt sie doch die Möglichkeit auf, zu welchen Bedingungen sich auch im Internet Journalismus rechnen könnte. Dabei hat Fine aber nur auf die Werbeinnahmen geschaut; andere Faktoren scheint sie nicht kalkuliert zu haben: Beim Verzicht auf eine Printausgabe würden einerseits Vertriebserlöse entfallen, andererseits aber auch erhebliche Vertriebs- und Druckkosten eingespart.
Chancen für Nischenprodukte
Doch Fine sieht in ihrer Studie, die den Titel "Size Doesn’t Matter" trägt, nicht nur für Massenmedien, sondern auch für kleinere News-Websites und -Blogs wirtschaftliche Chancen. Dank niedriger Kosten könnten sie sich als Nischenprodukte selbst tragen. Die Rechnung: Mit einer Million Besuchern ("unique visitors") pro Monat ließen sich - basierend auf einem TKP von 2 Cent - im Jahr 1,5 Millionen Dollar machen. Die Huffington Post verzeichnete im September sogar 4,5 Millionen Besucher; ein Plus 474 Prozent gegenüber demselben Monat des Vorjahres. Andere Polit-Blogs und News-Websites legten ebenfalls rasant zu, profitierten dabei allerdings auch stark vom Hype um den Präsidentschaftswahlkampf.
Auf institutionelle Investoren sollte sich dagegen niemand verlassen - weder große noch kleine, weder Online- noch Offline-Medien: In den letzten 18 Monaten seien in der News-Branche nur 800 Millionen Dollar investiert worden.
Unter dem Strich beeindrucken hohe Zugriffszahlen die Werbekunden bei Verkaufsgesprächen immer noch am meisten: "Nach unseren Untersuchungen wird die Unterhaltung ab 200 Millionen Seitenabrufen pro Monat interessant und ab etwa 800 Millionen richtig spannend", schreibt Fine. Völlig tot scheint dagegen das Thema Bezahlinhalte zu sein. Jedenfalls zählen in der Studie allein Werbegelder.
Red. Hinweis: Die Studie lag der Netzpresse nicht vor; der Artikel und beruht auf Ausschnitten aus anderen, unten aufgeführten Quellen.