Man würde ihn auf den ersten Blick schon nicht mehr erkennen, wenn er heute bei Springer durch die Tür käme. Er sah ja viele Jahre lang aus wie eine Figur, die sich Helmut Dietl für den Chefredakteur der "Bild"-Zeitung hätte ausdenken können. Er trug blaue Hemden und rote Krawatten und polierte Schuhe, und seine Haare waren so stramm mit Schaum nach hinten frisiert, dass man glauben konnte, sie seien verleimt.
Die Haare hat er sich abschneiden lassen, so wie man es nach Trennungen macht. Er rasiert sich nur noch alle paar Tage. Er trägt jetzt T-Shirts von der Stanford University und Kapuzenjacken mit Reißverschluss. An seinen Füßen stecken Stoffturnschuhe ohne Schnürsenkel. Diekmann sieht aus, als wollte er Spuren verwischen.
Aus einer
Spiegel-Homestory (online nicht frei verfügbar) über die Verwandlung von Kai Diekmann vom Boulevard-Journalisten zum Digital-Nerd.
Spiegel-Reporter Matthias Geyer durfte den
Bild-Chefredakteur in Silicon Valley begleiten. Das
Editorial hält diesen Umstand für bemerkenswert, weil das Verhältnis zwischen Hamburger Nachrichtenmagazin und Diekmann spätestens seit einer Titelgeschichte vor zwei Jahren über die
"Brandstifter" der
Bild-Zeitung
"als belastet bezeichnet werden" dürfe. Worauf sie beim
Spiegel offenbar noch sehr stolz sind. Im Geyers Turnschuh-Dorado Silicon Valley würden sie über solche Old-Media-Geschichten vermutlich nur noch müde lächeln.