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Trouble im taz-Paradies

Eigentlich hätte diesmal bei der alljährlichen Genossenschaftsversammlung der Tageszeitung in Berlin eitel Sonnenschein herrschen müssen. Zum ersten Mal seit 15 Jahren schreibt das von 10.000 Genossen unterstützte links-alternative Blatt schwarze Zahlen. Das Genossenschafts-Modell, mit dem sich die 1978 gegründete Zeitung unabhängig von (sinkenden) Anzeigenerlösen macht, wird inzwischen selbst von außenstehenden Branchen-Beobachtern anerkannt.

Doch die taz wäre nicht die taz, gäbe es nicht trotzdem trouble in paradise. Kurz vor der Genossenschafts-Versammlung führten 14 der über 30 Auslandskorrespondenten eine Art Warnstreik durch und lieferten keine Texte mehr zu. Der Grund: Eine Umverteilung im Auslands-Etat, die "für neun von uns Einkommenseinbußen von 18 bis 28 Prozent bedeuten" würde, so Südamerika-Berichterstatter Gerhard Dilger.

Pauschal weniger verdienen
Dabei bildet man sich auf die eigene Auslandsberichterstattung auch in der Berliner taz-Zentrale viel ein. Sie sei eines der "Kernelemente" der Zeitung, meint Chefredakteurin Ines Pohl. Immerhin betragte der Auslands-Etat ein Fünftel des Gesamtetats und werde auch nicht reduziert.

Künftig sollen aber alle Korrespondenten gleich viel - oder gleich wenig - erhalten: Pauschal werden monatlich nur noch 500 Zeilen für 735 Euro abgegolten. Die frei werdenden Mittel will die taz darauf verwenden, besser auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. "Es kann nicht sein, dass keine Korrespondentenreise ohne Gelder anderer Medien finanziert werden kann", so Pohl.

In gewöhnlichen Medienhäusern werden solche Konflikte hinter verschlossenen Türen ausgetragen. Aber so richtig gewöhnlich ist die taz auch nach 32 Jahren noch nicht. So nutzten die Korrespondenten alle Internet-Kanäle samt Facebook-Gruppe und Youtube-Video, und die Zeitung vom Samstag räumte sogar ihre Debatten-Seite für das innerredaktionelle Thema frei.

Selbstausbeutung und Neid-Debatte
Doch eine Annäherung der Positionen fand nicht mehr statt - auch weil das Honorargefüge bei der chronisch klammen taz ein heikles Thema zwischen Selbstausbeutung und Neid ist. Gerade die profilierten Auslandskorrespondenten, die oft noch weitere Auftraggeber haben, gelten als vergleichsweise gut bezahlt. Er verdiene weniger als die Hälfte und arbeite 60 Stunden, erregte sich der stellvertretende taz-Chefredakteur Reiner Metzger in der Hitze der Diskussion auf der Genossenschafts-Versammlung.

Beim Thema Geld stößt auch die Streit-Kultur der taz an Grenzen, zumal die Berliner Zentrale an dem Zerwürfnis ihren Anteil hat. Bereits im Juli verschickte sie Kündigungen mit Wirkung zum 31. Oktober und schaffte damit Fakten. "In monatelangen Gesprächen kam uns die Chefredaktion in keinem einzigen Punkt entgegen, während wir konkrete Sparvorschläge vorlegten", so Dilger.

Auch die Genossenschafts-Versammlung schmetterte einen Gegen-Antrag der Auslandskorrespondenten sowie eine Mediations-Lösung am Samstag ab. Dass die Zeitung jetzt einen "Verein der FreundInnen der taz-Auslandsberichterstattung" gründen will, um weitere Mittel zu akquirieren, wirkt wie ein nachträglich appliziertes Feigenblatt. Die betroffenen Korrespondenten haben bereits angedroht, künftig mehr für andere Blätter zu arbeiten: Für die Auslandsberichterstattung der taz werde es abwärts gehen.
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