Google, die Welt der Bücher und ein Richter aus New York
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| 24.03.2011
Ach, Google. Da hatte der Suchmaschinen-Riese schon ein bahnbrechendes Agreement mit Autoren und Verlagen zur Digitalisierung von Büchern verkündet. Da zürnte ein Heidelberger Literaturwissenschaftler in einem vielfach unterzeichneten Appell, dass Google Books "geistiges Eigentum [...] in ungeahntem Umfang und ohne strafrechtliche Konsequenzen" entwende. Da fahndete die EU-Kommission auf einem Hearing in Brüssel noch vergeblich nach europäischen Alternativen, während die VG Wort für ihre deutschen Mitglieder bereits die Vertretung von Rechten in Googles großer book rights registry anmeldete.
Alles hinfällig, perdu. Ein US-Richterspruch hat nämlich die Ursache der Aufregung, eine Agreement mit der amerikanischen Authors Guild, das Google das massenhafte Scannen von Büchern und die Vewertung der digitalisierten Inhalte gegen eine einmalige Zahlung sowie künftige Gewinnbeteiligung erlauben sollte, für unrechtmäßig erklärt:
Es ist eine Entscheidung von weitreichender Bedeutung. Denn genau so, wie jener 2008 geschlossene Vergleich, den ein US-Schriftstellerverband mit einem über alle Staatengrenzen hinaus agierenden Internet-Konzern geschlossen hatte, plötzlich weltweite Geltung beanspruchte, macht nun das Urteil eines New Yorker Bezirksrichters namens Denny Chin diese Übereinkunft für alle Welt wieder hinfällig.
125 Millionen Dollar wollte Google als Kompensation dafür bezahlen, dass der Suchmaschinenbetreiber - ohne vorher um Genehmigung zu fragen - in großem Stil Bücher digitalisiert hatte. Die Authors Guild, die 2005 dagegen eine Sammelklage ("Class action suit") eingereicht hatte, war's zufrieden. Andere nicht. Konkurrierende Internetfirmen wie Micosoft oder der Buchhändler Amazon, der immerhin selbst Bücher für seine Shop-Suche eingescannt hat, europäische Verlage und Verwertungsgesellschaften wie eben die VG Wort, aber auch das US-Justizministerium und die deutsche Bundesregierung - sie alle waren mehr oder weniger strikt dagegen und gaben ihre Stellungnahmen bei dem inzwischen zum Circuit Judge (Bundesrichter) beförderten Denny Chin ab.
Opt-In statt Opt-out
Der gab in seiner 48-seitigen Urteilsbegründung (PDF) Befürchtungen, dass Google einen "signifikanten Wettbewerbsvorteil" erhalten würde, wenn der geschlossene Vergleich Bestand hätte, breiten Raum, zumal das Unternehmen auch einen Freifahrtschein zur Nutzung jener "orphaned books" erhalten hätte, deren Autoren verstorben oder deren Rechteinhaber nicht zu klären sind.
Statt sich einfach zu bedienen, so das Gericht, hätte das Unternehmen aber zuerst eine Einwilligung einholen müssen, bevor Bücher eingescannt wurden. Erst im Zuge der gerichtlichen Prüfung des Vergleichs schaltete Google in aller Welt Anzeigen: Rechtinhabern, die mit dem Vergleich nicht einverstanden waren, wurde dort wenigstens angeboten, ihre Werke nachträglich auszunehmen - ein sogenannter Opt-out.
Ist der Vergleich noch zu retten?
Der Urteilsspruch suggeriert nun einen Ausweg: Würde der Internet-Riese aus dem Opt-Out einem Opt-In machen, ließe sich der Vergleich wohl noch retten. Für jedes Buch eine Erlaubnis einzuholen, wäre allerdings ein mühsamer Weg. Ein Opt-In sei "wirtschaftlich nicht rentabel", zitiert das Wall Street Journal Googles Anwälte.
Der bisher betriebene Aufwand ist jedoch enorm: Laut Urteil hat Google seit 2004 über zwölf Millionen Bücher, die New York Times spricht von 15 Millionen, auf eigene Kosten eingescannt, auch die Bayerische Landesbibiothek in München öffnete ihre Magazine. Ein vollmundig angekündigtes Konkurrenzprojekt des französischen Staates verliefen dagegen im Sande, die Deutsche Digitale Bibliothek besteht bisher nur aus Ankündigungen.
Außer Google, so scheint es, hat niemand die Kraft zu einem solch titanischen Unterfangen. Das wirft ein schiefes Licht auf den Widerstand der Anti-Google-Front. Für Google spricht, dass die digitale Bereitstellung von Millionen Büchern ein bibliothekarische Leistung darstellt, von der Internet-Nutzer weltweit profitieren würden. Auch Titel, die längst vergriffen sind, wären wieder erreichbar. Aber Google ist keine Bibliothek, sondern ein Konzern. Einer, der nicht um Erlaubnis fragt, sondern sich einfach einen neuen Markt aufbaut. Zur Not muss ihn dann ein Richter aus New York aufhalten.
Alles hinfällig, perdu. Ein US-Richterspruch hat nämlich die Ursache der Aufregung, eine Agreement mit der amerikanischen Authors Guild, das Google das massenhafte Scannen von Büchern und die Vewertung der digitalisierten Inhalte gegen eine einmalige Zahlung sowie künftige Gewinnbeteiligung erlauben sollte, für unrechtmäßig erklärt:
"The question presented is whether the ASA [Amended Settlement Agreement, d. Red.] is fair, adequate, and reasonable. I conclude that it is not."Ein weitreichender Vergleich
Es ist eine Entscheidung von weitreichender Bedeutung. Denn genau so, wie jener 2008 geschlossene Vergleich, den ein US-Schriftstellerverband mit einem über alle Staatengrenzen hinaus agierenden Internet-Konzern geschlossen hatte, plötzlich weltweite Geltung beanspruchte, macht nun das Urteil eines New Yorker Bezirksrichters namens Denny Chin diese Übereinkunft für alle Welt wieder hinfällig.
125 Millionen Dollar wollte Google als Kompensation dafür bezahlen, dass der Suchmaschinenbetreiber - ohne vorher um Genehmigung zu fragen - in großem Stil Bücher digitalisiert hatte. Die Authors Guild, die 2005 dagegen eine Sammelklage ("Class action suit") eingereicht hatte, war's zufrieden. Andere nicht. Konkurrierende Internetfirmen wie Micosoft oder der Buchhändler Amazon, der immerhin selbst Bücher für seine Shop-Suche eingescannt hat, europäische Verlage und Verwertungsgesellschaften wie eben die VG Wort, aber auch das US-Justizministerium und die deutsche Bundesregierung - sie alle waren mehr oder weniger strikt dagegen und gaben ihre Stellungnahmen bei dem inzwischen zum Circuit Judge (Bundesrichter) beförderten Denny Chin ab.
Opt-In statt Opt-out
Der gab in seiner 48-seitigen Urteilsbegründung (PDF) Befürchtungen, dass Google einen "signifikanten Wettbewerbsvorteil" erhalten würde, wenn der geschlossene Vergleich Bestand hätte, breiten Raum, zumal das Unternehmen auch einen Freifahrtschein zur Nutzung jener "orphaned books" erhalten hätte, deren Autoren verstorben oder deren Rechteinhaber nicht zu klären sind.
Statt sich einfach zu bedienen, so das Gericht, hätte das Unternehmen aber zuerst eine Einwilligung einholen müssen, bevor Bücher eingescannt wurden. Erst im Zuge der gerichtlichen Prüfung des Vergleichs schaltete Google in aller Welt Anzeigen: Rechtinhabern, die mit dem Vergleich nicht einverstanden waren, wurde dort wenigstens angeboten, ihre Werke nachträglich auszunehmen - ein sogenannter Opt-out.
Ist der Vergleich noch zu retten?
Der Urteilsspruch suggeriert nun einen Ausweg: Würde der Internet-Riese aus dem Opt-Out einem Opt-In machen, ließe sich der Vergleich wohl noch retten. Für jedes Buch eine Erlaubnis einzuholen, wäre allerdings ein mühsamer Weg. Ein Opt-In sei "wirtschaftlich nicht rentabel", zitiert das Wall Street Journal Googles Anwälte.
Der bisher betriebene Aufwand ist jedoch enorm: Laut Urteil hat Google seit 2004 über zwölf Millionen Bücher, die New York Times spricht von 15 Millionen, auf eigene Kosten eingescannt, auch die Bayerische Landesbibiothek in München öffnete ihre Magazine. Ein vollmundig angekündigtes Konkurrenzprojekt des französischen Staates verliefen dagegen im Sande, die Deutsche Digitale Bibliothek besteht bisher nur aus Ankündigungen.
Außer Google, so scheint es, hat niemand die Kraft zu einem solch titanischen Unterfangen. Das wirft ein schiefes Licht auf den Widerstand der Anti-Google-Front. Für Google spricht, dass die digitale Bereitstellung von Millionen Büchern ein bibliothekarische Leistung darstellt, von der Internet-Nutzer weltweit profitieren würden. Auch Titel, die längst vergriffen sind, wären wieder erreichbar. Aber Google ist keine Bibliothek, sondern ein Konzern. Einer, der nicht um Erlaubnis fragt, sondern sich einfach einen neuen Markt aufbaut. Zur Not muss ihn dann ein Richter aus New York aufhalten.
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