Seit Monaten hält Google für ungehaltene Zeitungsverleger, die sich darüber mokieren, dass die Suchmaschine mit fremden Inhalten Geld verdiene, ein simples Mantra bereit: Wenn Ihr unseren Traffic nicht mehr wollt, dann sperrt Eure Websites doch für unsere Indexierung! Es ist so einfach wie ein Eintrag in der robots.txt-Datei.
Jetzt plant ein Verleger genau das. Natürlich nicht irgendeiner. Rupert Murdoch, der schon im Sommer mit der Ankündigung, Paid Content für alle Nachrichten-Websites seiner News Corp einzuführen, vorgeprescht ist, verhandelt nach einem Bericht der Financial Times mit Microsoft über einen Pakt, der eine Entfernung seiner Websites aus Googles Index mit sich bringen würde.
Content bekäme "enormen Wert"
Für Microsoft hieße das: Die neue Suchmaschine Bing könnte exklusiv Inhalte von Titeln wie der Londoner Times, deren Website sich ab nächstes Frühjahr nur noch per Abo oder 24-Stunden-Ticket öffnen soll, oder des ohnehin schon zum Teil verschlossenen Wall Street Journals verzeichnen und würde im Gegenzug dafür bezahlen, was Google nicht tut.
Offenbar verhandelt Microsoft auch mit anderen Verlagen. Von einem Microsoft-"Geheimtreffen" mit europäischen Verlegern, vertreten auch Axel Springer, hatte vor zehn Tagen bereits Techcrunch Europe gehört. In der FT schwärmt nun ein namentlich nicht genannter Web-Publisher davon, welchen "enormen Wert" Online-Content erhalten könnte, "wenn Suchmaschinen bereit wären, uns dafür zu bezahlen, dass wir uns bei ihnen indexieren lassen.".
Bing vs. Google
Microsofts Interesse könnte darin bestehen, Bing mit exklusiven Inhalten stärker als Herausforderer von Google zu positionieren. Stellt sich nur die Frage, ob dieses Ziel mit News-Inhalten erreichbar ist. Die Gegenpartei meint natürlich: Nein. "Wirtschaftlich sind sie kein großer Teil dessen, woraus wir Einnahmen generieren”, ließ Matt Brittin, Googles Großbritannien-Chef, schon letzte Woche auf einer Konferenz des dortigen Verlegerverbandes verlauten.
Für diese Argumentation spricht die Erfahrung, die jeder Google-Nutzer bei einer ganz normalen Suchanfrage machen kann: Da News aktualitätsbedingt eine kurze Haltbarkeitszeit haben, tauchen in den Ergebnissen eher langfristig konzipierte Inhalte oben auf. Google plaziert neben solchen Trefferlisten die Werbung, mit der das Geld verdient wird. Dagegen spricht, dass Google News ohne Titel von Murduch und anderen Verlegern nicht mehr komplett wäre. Nach all der Entwicklungsarbeit, die in den Nachrichten-Aggregator gesteckt wurde, kann das nicht im Interesse des kalifornischen Konzerns sein.
Das ACAP-Protokoll
Wie die geplante Anti-Google-Allianz mit einer Ankündigung von James Murdoch, einen Marktplatz für digitalen Content zu entwickeln, zusammengeht, ist noch offen. Die Zeitungsverlage haben mit dem ACAP-Protokoll schon vor drei Jahren ein eigenes Format zum Datenaustausch mit Suchmaschinen propagiert. Nur wird es bislang von keiner Suchmaschine berücksichtigt. Microsoft könnte hier den Verlegern entgegenkommen.
Nach dem Motto "Es ist okay, solange uns niemand das Gegenteil sagt" hätten viele Suchmaschinen und Aggregatoren sich für "eine liberale Interpretation der Urheberrechte entschieden", heißt es im ACAP-FAQ. Das neue Protokoll biete "eine bessere Methode für Publisher aller Arten und aller Medien, Zugriffsrechte für ihren Content auf leicht verständliche Weise Aggregatoren zugänglich zu machen".
Allerdings befinden sich die Verhandlungen mit Microsoft erst in einem "frühen Stadium", so die Quelle der FT. Das ist auch besser so. Denn auf Google-Traffic zu verzichten, will nicht nur gut durchdacht sein, sondern muss auch rechtlich abgesichert werden. Wenn mehrere Verlage geschäftlich mit Microsoft paktieren, könnte daraus leicht ein Fall für die Kartellbehörden werden.