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+ Keine Kündigungsfristen
Es ist eine freundliche Preisgestaltung ohne Kündigungsfristen, aber eben auch eine, die es Kunden leicht macht, wieder abzuspringen. Deshalb müsste - ungeachtet der berufsmäßigen Erfolgsmeldungen aus dem Verlag - die ersten Bilanz für Paywall-Befürworter eher eine Ernüchterung darstellen. Nur mit Ach und Krach sind die ersten Kundenzahlen sechsstellig geworden. Abonnenten der iPad- und Kindle-Editionen wurden einfach eingerechnet.
Vor allem garantieren diese Zahlen aber wegen der fehlenden Kundenbindung keine Nachhaltigkeit, zumal sich die Times gegenüber Suchmaschinen komplett abgeschottet und aus der sogenannten Link-Ökonomie des Internets verabschiedet hat. Die für Werbekunden wichtige Reichweite sank gegenüber der frei zugänglichen Version um "weniger als 90 Prozent", wie die Nachrichtenagentur Reuters in seltsamer gedanklicher Verknäuelung meldete.
"Vage Statistiken"
Sicher: Ein Bezahlmodell, bei dem der Verlag seine Nutzer kennt, macht jeden einzelnen Kundenkontakt wertvoller. Aber wie viele Kunden bleiben wirklich über das Einführungsangebot oder die gelegentliche Nutzung hinaus bei der Stange? Über die Zahl der verlängerten Abonnements schweigt sich News International jedoch aus. Die Financial Times schrieb, Experten und Analysten zögen die Aussagekraft der "vagen Statistiken" in Zweifel.
Die Druck-Auflage der Times ist übrigens in diesem Jahr erstmals seit 1994 wieder unter 500.000 Exemplare gesunken. Von den Print-Abonnenten haben sich nach Verlagsangaben 70 Prozent, weitere 100.000 Leser, für die Online-Version freischalten lassen. Für sie ist die Freischaltung allerdings kostenlos.
Trotzdem ist es noch zu früh, um endgültig den Stab über der Times-Paywall zu brechen. Um Erfolg oder Misserfolg wirklich zu beurteilen, müssen die Briten wohl eine unjournalistische, gleichwohl landestypische Verhaltenweise an den Tag legen: Abwarten und Tee trinken.