Der
Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat der
Verwertungsgesellschaft Wort in einer Grundsatzentscheidung gestattet, Pressespiegel elektronisch zu übermitteln und den Autoren dafür eine Vergütung zu zahlen. Dies hatten die Verlage verhindern wollen. Das Urteil löscht einen blinden Fleck des Urheberrechtsgesetzes und bedeutet faktisch eine Übertragung der bestehenden Rechtslage auch auf elektronische Verbreitungsweisen.
Muster-Klage der Berliner Zeitung zurückgewiesen
Im konkreten Fall hatte die
Berliner Zeitung der VG Wort in erster und zweiter Instanz gerichtlich untersagen lassen, elektronische Pressespiegel an eine Frankfurter Finanzfirma zu lizenzieren. Der BGH verwies diesen Fall zwar zur Klärung von Details an das Oberlandesgericht Hamburg zurück, hob das Urteil allerdings auf: Der elektronische Pressespiegel unterscheide sich nicht wesentlich vom Pressespiegel in Papierform, solange gewisse Bedingungen eingehalten seien.
Diese Vergleichbarkeit ist entscheidend. Die VG Wort schließt Verträge auf der Basis des sogenannten Pressespiegelprivilegs ab: Laut Paragraf 49 des Urheberrechtsgesetzes, das - wie die Richter konstatierten - in diesem Punkt nicht ganz eindeutig gehalten ist, dürfen Artikel zwar ohne Zustimmung der Urheber in Pressespiegel kopiert werden; jedoch rechnet die VG Wort für diese Verwertung Abgaben ab, die wiederum unter den Autoren verteilt werden.
Verlage wollen Pressespiegel selbst erstellen
Die Verleger haben sich nun auf den Standpunkt gestellt, dass diese Regelung für elektronische Pressespiegel nicht mehr gelte. Mehr noch: Sie haben sogar ein Gemeinschaftsunternehmen, die
Presse-Monitor GmbH, gegründet, das selbst solche Pressespiegel erstellt und nach eigenen Angaben an mittlerweile 100 Kunden verkauft. Dabei wird postuliert, dass die Verlage selbst Inhaber der Rechte seien und folglich auch keine Verwertungsgesellschaft zwischengeschaltet werden müsse.
Eine Argumentation, die ein Großverlag wie Gruner + Jahr dadurch zu untermauern sucht, dass er sich von freien Autoren über restriktive AGBs sämtliche Verwertungsrechte einräumen läßt - per Einmalzahlung. Die Rechte an den Werken ihrer festangestellten Redakteure und Fotografen besitzen die Verlagshäuser in der Regel ohnehin schon. Die Journalistenverbände protestieren gegen diese Praxis: die Verleger, so heißt es dort, wollten ungestört abkassieren.
Überall wird eingescannt
Der BGH hat diesen Streit jedoch nicht zum Maßstab genommen. In seinem Urteil ging es vor allem um die technische Vergleichbarkeit von elektronischen und papiernen Pressespiegeln. Die Richter gingen davon aus, dass auch Pressespiegel, die in herkömmlicher Papierform verbreitet werden, inzwischen häufig durch Einsatz eines Scanners elektronisch erstellt werden.
Allerdings hat auch diese Rechtsprechung noch ihren blinden Fleck: Sie gilt nämlich nur für betriebs- oder behördeninterne Pressespiegel, nicht dagegen für kommerzielle Dienste, weil der Kreis der Bezieher
"überschaubar" bleiben muss. Die Karlsruher Richter sorgen sich nämlich darum, dass das Pressespiegel-Material von den Endabnehmern auch noch in eigenen elektronischen Archiven abgelegt wird.
In diesem Zusammenhang haben sich die Richter auch über den Kopierschutz Gedanken gemacht. Die Empfehlung, die Texte sollten als Grafik- oder PDF-Dateien versandt werden, zeugt allerdings nicht von besonderer Expertise.