Alle Jahre wieder ... werden die Journalisten des Jahres gewählt. Nach der Fesselung des Prometheus darf der Oberauer-Verlag (Medium Magazin) der Branche umso heller bei ihrer alljährlichen Beweihräucherung heimleuchten, und das durchaus zeitgemäß. Im letzten Jahr hieß der politische Preisträger noch Nikolaus Brender. Diesmal kürte die Jury eine freie Autorin, was grundsätzlich zu einer Branche passt, in der es immer weniger feste Arbeitsplätze und immer mehr frei schwingende Kreativität gibt.
Von einer Medien-Hydra gekürt
Gleichwohl ist Carolin Emcke, die laut Jury-Begründung "durch ihre publizistischen Beiträge der gesellschaftlichen Debatte in Deutschland wichtige Impulse gegeben" hat, eng mit der Zeit verbunden. Sie hat in diesem Jahr bereits den edlen Deutschen Reporterpreis für ihre Irak-Reportage Der erste Schuss fällt nach fünf Minuten gewonnen.
Mit ihren Reportagen über den Irak und Europa sei es ihr "beispielhaft gelungen, Themen wie kulturelle Identität und gesellschaftliche Konfliktsituationen aus der nationalen Bauchnabelschau zu holen und in den notwendigen internationalen Kontext einzuordnen", sekundiert nun die nach eigenen Angaben "rund 70-köpfigen Jury des Medium Magazins, die man sich wohl als Medien-Hydra vorzustellen hat: von Helmut Markwort bis zu Andre Zalbertus, der das Bratwurst-TV erfand, bevor jemand ganz anderes den Bratwurstjournalismus in der Wikipedia verschlagworten wollte.
Neue Männer
A propos Freie: Einen Sonderpreis erhielt der zwei Jahre junge Journalisten-Verband Freischreiber. In die Zeit passt auch die Prämierung von dpa-Mann Wolfgang Büchner als Chefredakteur des Jahres. Schließlich ist die Nachrichtenagentur, der mit dapd ein streitlustiger Konkurrent erwachsen ist, gerade nach Berlin umgezogen und versucht sich unter dem von Spiegel Online gekommenen Chef gerade neu zu erfinden.
Ganz aktuell ist die Auszeichnung von Sebastian Heiser als Newcomer des Jahres: Er ist bei der Tageszeitung Leiter des neuen Opentaz Ressorts: Leser können dort selbst Rechercheaufträge anmelden. Einen lokalen Scoop produzierte Heiser auch schon, als die taz Ende Oktober von einem Whistleblower die unter Verschluss gehaltenen Verträge zur Privatisierung der Berliner Wasserwerke erhielt - ein Hauch von Wikileaks in der Hauptstadt.
Alle Preisträger:
Journalist/in des Jahres: Carolin Emcke
Chefredakteur des Jahres: Wolfgang Büchner, Deutsche Presse Agentur
Politikjournalist des Jahres: Sabine Adler, Deutschlandradio
Wirtschaftsjournalist des Jahres: Klaus Ott, Süddeutsche Zeitung
Kulturjournalist des Jahres: Frank Schirrmacher, FAZ
Sportjournalist des Jahres, Philipp Köster, 11Freunde
Unterhaltungsjournalist des Jahres: Oliver Welke, Heute-Show, ZDF
Wissenschaftsjournalist des Jahres: Ranga Yogeshwar, WDR/ARD
Reporter des Jahres: Holger Gertz, Süddeutsche Zeitung
Regionaler Chefredakteur des Jahres: Alfons Pieper, Wir in NRW
Regionaler Autor des Jahres: Thomas Datt/Arndt Ginzel, freie Journalisten (Leipzig)
Newcomer des Jahres: Sebastian Heiser, Tageszeitung
Ehrenpreis Lebenswerk: Hans-Werner Kilz (u.a. Spiegel, Süddeutsche Zeitung)
Redaktion des Jahres: Panorama - Die Reporter, vertreten durch Christoph Lütgert und Dietmar Schiffermüller
Sonderpreis: Journalistenvereinigung Freischreiber