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Journalisten 2009: Ein Herz für Job-Verlierer und Kai Diekmann

Ein Herz für prominente Job-Verlierer des Medienbetriebs hat die Jury bei der Wahl der Journalisten des Jahres 2009 bewiesen. Neben dem von Roland Koch und Konsorten abgesägten ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, der wie bereits gemeldet den Hauptpreis erhält, wurde Sergej Lochthofen von der Thüringer Allgemeinen zum Regional-Chefredakteur 2009 gekürt. Die WAZ-Mediengruppe hatte ihn nach 20 Jahren im Amt Anfang Dezember unsanft abgelöst.

Die übrigen Entscheidungen der rundköpfigen, pardon: "rund 60-köpfigen Fachjury" (so der Veranstalter MediumMagazin) fielen erwartbar aus und waren in einem freudlosen Printjahr auf traditionelle Leitmedien fixiert, sieht man von der Auszeichnung für Frank Berberich, Chef von Lettre International, ab, der den Interview-Aufreger mit Thilo Sarrazin produziert hatte. Dafür gab's den Preis in der Kategorie Kultur.

Redaktion des Jahres wurde die Zeit, die dem Auflagen-Abbruch trotzte, Chefredakteur des Jahres Bernd Ziesemer, der das Handelsblatt umformatierte. Nun ist auch Helmut Markwort reif, für sein Lebenswerk ausgezeichnet zu werden; der 72-jährige zieht im kommenden Jahr bei Burda und dem Focus zurück.

Außergewöhnliche Selbstironie
Einziger Internet-Journalist - wenn man denn so will - ist Kai Diekmann. Er wurde in der kategorie Unterhaltung prämiert "für seinen 100-Tage-Blog www.kaidiekmann.de, in dem er Einblicke in die Denkwelt des Bild-Chefredakteurs mit außergewöhnlicher Selbstironie zeigte". Und das meinen die Preisverleiher wohl nicht ironisch.

Update: Oder doch? Diekmann lehnte den Preis ab, weil die Jury dem SZ-Autor Peter Kornelius für seine Veröffentlichung über den ISAF-Bericht zum von der Bundeswehr veranlassten NATO-Luftschlag in Afghanistan einen Sonderpreis zuerkannte. Das sei "wahre Satire" und deshalb gebühre die Auszeichnung für die beste Unterhaltung in Wahrheit nicht ihm, sondern der Jury selbst.

Nachfolgend alle Preisträger, sofern passend und möglich mit Link zu dem für die Prämierung verantwortlichen Stück:

Journalist des Jahres: Nikolaus Brender, ZDF
Chefredakteur: Bernd Ziesemer, Handelsblatt
Politik: Volker Zastrow, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Wirtschaft: Beat Balzli, Klaus Brinkbäumer, Ullrich Fichtner, Hauke Goos, Thomas Hüetlin, Christoph Pauly, Spiegel, für den Artikel Die gefährlichste Firma der Welt
Kultur: Frank Berberich, Lettre International, für das Sarrazin-Interview Klasse statt Masse (Auszug)
Sport: Ronny Blaschke, freier Journalist, für den Artikel Angriff von Rechtsaußen
Unterhaltung: Kai Diekmann, Blogger
Wissenschaft: Werner Bartens, Süddeutsche Zeitung
Reporter: Alexander Osang, Spiegel, für sein Merkel-Porträt Die Schläferin
Regionaler Chefredakteur: Sergej Lochthofen, Thüringer Allgemeine
Regionaler Autor: Michael Ohnewald, Stuttgarter Zeitung
Newcomer: Ines Pohl, taz
Redaktion: Die Zeit
Ehrenpreis: Helmut Markwort für sein Lebenswerk
Sonderpreis: Stefan Kornelius, Süddeutsche Zeitung, für den Artikel Er hat die Menschen als Ziel, nicht die Fahrzeuge
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