Zweiter Streich: Montgomery-Holding kauft "Hamburger Morgenpost"

Der britische Medieninvestor David Montgomery macht offenbar Ernst mit seinen Plänen, in Deutschland eine Zeitungskette zu bilden. Nachdem seine Firma Mecom im Konsortium mit weiteren Investoren im vergangenen Oktober mit dem Deal um Berliner Zeitung und Berliner Kurier für wochenlangen "Heuschrecken"-Alarm sorgte, hat Montgomery in aller Stille seinen zweiten Coup gelandet und die Kaufverträge für die Hamburger Morgenpost unterschrieben - ein weiteres Erbstück aus der vorübergehenden Zeitungskollektion von Gruner+Jahr.

Anders als in Berlin gab es auch keinen renitenten Chefredakteur an der Waterkant. Josef Depenbrock, auch mit zehn Prozent Anteilen Minderheitsgesellschafter der Mopo, versicherte in einem Artikel an die "lieben Leserinnen und Leser", das "in Deutschland einzigartige" Konzept der Zeitung werde erhalten bleiben. Die neuen Partner in Berlin und Hamburg eine, "im Wettbewerb mit einem meinungskonservativen, machtbewussten Großkonzern" zu stehen.

Barlach, Otto, Springer
Gemeint ist natürlich der Springer-Konzern (Hamburger Abendblatt, Bild), dem sich das einstige SPD-Blatt in Hamburg ganz alleine gegenüber sieht. 1999 ging die Mopo in die Hände des Künstler-Enkels und Immobilien-Kaufmanns Hans Barlach über, der den Versandhaus-Erben Frank Otto als Investor mitbrachte. 2003 kam der große Krach über eine von Otto betriebene Beteiligung der Kieler Nachrichten, an denen wiederum Springer beteiligt ist. Barlach kaufte schließlich Otto dessen Anteilsmehrheit ab.

Die BV Deutsche Zeitungs Holding, so der Name der neuen Dachgesellschaft für den Berliner Verlag, in deren Aufsichtsrat neben Montgomery auch Ex-Gruner+Jahr-Grandseigneur Gerd Schulte-Hillen sitzt, übernimmt nun sämtliche Anteile. Barlach soll Teilhaber der Holding werden, Depenbrock im Management als Geschäftsführer und Chefredakteur der Mopo verbleiben.

Stellenabbau als Synergieeffekt?
Der Deutsche Journalisten-Verband reagierte auf den Verkauf besonders schnell. Der Berufsverband befürchtet nicht ohne Grund, dass die Hamburger Morgenpost bald keine Vollredaktion mehr haben wird. Der Mantel könnte künftig gemeinsam mit dem ebenfalls am Boulevard gebauten Berliner Kurier gefertigt werden. Ein Viertel der 50-köpfigen Mopo-Redaktion kümmert sich um überregionale Themen.

Montgomery habe "ein neues Objekt gefunden, das er wirtschaftlich ausbeuten kann", sagte DJV-Chef Michael Konken, der ein Gesetz forderte, um ausländischen Medienbesitz in Deutschland auf 49 Prozent zu beschränken. Laut Depenbrock schreibt das ohnehin in den letzten Jahren noch schmalbrüstiger gewordene Tabloid-Blatt immerhin "beruhigend schwarze Zahlen". Deutsche Verlage haben sich trotzdem nicht um den Titel gerissen.

Nach der Logik der bisherigen Geschäfte wäre nun als nächstes Glied in Montgomerys Zeitungskette die Sächsische Zeitung dran: Auch sie wurde einst von Schulte-Hillen für Gruner+Jahr gekauft, ist aber als einziges der ehemaligen Ost-Blätter immer noch im Besitz des Hamburger Zeitschriftenverlages. Sie gilt deshalb seit Jahren als zum Verkauf stehend.
Zuletzt bearbeitet 27.01.2006 18:40 Uhr