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Verkauf perfekt: "Berliner Zeitung" wird angelsächsisch

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Der Absprung des Finanzinvestors 3i in der vergangenen Woche hat den Verkauf des Berliner Verlages nicht mehr aufhalten können. Am Montag, also voll im Zeitplan, haben die britische Beteiligungsfirma Mecom des ehemaligen Chefs der Mirror-Zeitungsgruppe, David Montgomery, und die amerikanische Fondsgesellschaft Veronis Suhler Stevenson sich mit Holtzbrinck geeinigt. Die Kaufsumme wurde nicht genannt. In der Branche war jedoch von mindestens 150 Millionen Euro die Rede.

Mecom selbst wird zwar nach eigenen Angaben nur 14,99 Prozent an dem Verlag halten, der neben der Berliner Zeitung auch den Boulevard-Titel Berliner Kurier, das Anzeigenblatt Berliner Abendblatt und das Stadtmagazin Tip publiziert. Doch Montgomery ist die treibende Kraft hinter dem Geschäft. Er soll den Vorsitz in einem neu zu schaffenden Aufsichtsrat übernehmen.

Die Wogen glätten
Damit geht zum ersten Mal ein deutscher Zeitungsverlag an ausländische Finanzinvestoren. Deren genaue Pläne sind bislang noch unklar, doch bemühte man sich, die Wogen zu glätten, nachdem in der taz und der Frankfurter Rundschau noch am Tag des Abschlusses ein Aufruf von Publizisten, Schriftstellern und Politikern gegen den Einstieg erschienen war.

Montgomery betonte in einer Telefonkonferenz, man lege wert auf publizistische Standards, wolle den Verlag weiter entwickeln und neue Objekt zukaufen. Die Geschäfte sollen vom bisherigen Management weitergeführt werden. Auch die Chefredakteure sollen offenbar bleiben, obwohl sie Front gegen die Käufer gemacht hatten. "Wir mögen starke Persönlichkeiten mit einer starken Meinung", wird Montgomery in der Financial Times Deutschland zitiert.

Als weitere vertrauensbildende Maßnahme gilt die Berufung von Gerd Schulte-Hillen als stellvertretender Vorsitzender in den Aufsichtsrat. Der ehemalige Gruner+Jahr-Vorstand war am Dienstag bereits mit Montgomery in Berlin. Die Personalie ist nicht ohne Reiz: Schulte-Hillen hatte die ehemalige SED-Bezirkszeitung nach der Wende für G+J gekauft, konnte aber den Kurswechsel des Zeitschriftenhauses mit dem Verkauf des Berliner Verlages im Jahr 2002 an Holtzbrinck nicht verhindern.

Doch das Bundeskartellamt untersagte dem Stuttgarter Verlagshaus, neben dem Tagesspiegel eine zweite Abonnements-Zeitung in der Hauptstadt zu betreiben. Die neuen Eigentümer des Berliner Verlages haben es da voraussichtlich leichter: Da sie bisher nicht auf dem deutschen Zeitungsmarkt tätig sind, haben sie keinen Widerstand der Kartellwächter zu erwarten.
Zuletzt bearbeitet 25.10.2005 11:59 Uhr
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