Google, Meinungsfreiheit und Manipulation
Eine US-Bezirksrichterin wies eine Schadensersatz-Klage gegen Google mit der originellen Begründung ab, dass die Relevanzbewertung der Suchmaschine unter den Schutz der verfassungsmäßig garantierten Meinungsfreiheit stellte. Dass auch Suchmaschinen-Algorithmen vom "1st Amendment" beschirmt werden, ist neu und prinzipiell begrüßenswert, weil es die Unabhängigkeit jener Suchmaschinen sichert, die ihre Ergebnislisten noch nicht in den Ausverkauf der Suchtreffer-Versteigerungen gegeben haben.
Produkt der "Google-Industrie"
So weit, so gut. Die Medaille hat freilich eine Kehrseite. Denn in dem bewussten Fall ging es nicht einfach um einen Software-Automatismus, sondern um die Manipulation von Suchergebnissen und darum, wie sich eine Suchmaschine dagegen zur Wehr setzen soll und darf. Dabei kämpft speziell Google als Branchenführer gegen die Geister, die man selber rief.
Der Kläger, die Firma SearchKing aus Oklahoma City, ist ein typisches Produkt der "Google-Industrie", jener Optimierer und Suchtreffer-Vermarkter, die es darauf abgesehen haben, die Platzierung ihrer Kunden in den Trefferlisten zu verbessern. Da Googles patentiertes PageRank-Verfahren auf der Analyse von Verlinkungen beruht, setzen die Vermarkter auch genau dort an. So verkauft SearchKing vereinfacht gesagt Links, die wiederum bei Google zu einer höheren Bewertung führen sollen.
Suchmaschinen fehlt Transparenz
Warum Google SearchKing zwischenzeitlich ganz aus seinen Listings verbannte (dies wurde bereits im vergangenen Jahr nach Beginn des Rechtsstreits rückgängig gemacht), darüber kann man nur spekulieren. Suchmaschinen sind - was ihre Bewertungsverfahren angeht - sehr zugeknöpft. Das ist durchaus nicht unverständlich, denn Verzerrungen der Resultate will man möglichst verhindern. Die Folge ist allerdings mangelnde Transparenz.
Bei offensichtlichen Manipulationen nehmen sich Suchmaschinen sogar das Recht heraus, Seiten aus ihrem Index zu löschen. Für den Betroffenen kann das durchaus geschäftsschädigend sein. Man darf durchaus vermuten, dass Google "not amused" war, als SearchKing seine Dienste unter dem Titel PR Ad Network (PR wie PageRank) offerierte und seine Dienstleistung an den PageRank-Ergebnissen ausrichtete.
Wenn dem so wäre - wie gesagt: von Google hört man dazu nichts -, dann hätte Google den Trittbrettfahrer lieber verklagen sollen, anstatt ihn aus seinem Index heraus zu frisieren. Man muss Unternehmen wie SearchKing wirklich nicht sympathisch finden. Das aber gibt Google noch lange nicht das Recht, nach eigenem Belieben selbstherrlich im Verborgenen zu schalten und walten.
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Zuletzt bearbeitet 02.06.2003 14:54 Uhr