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US-Zeitung baut Paywall für Kommentare gegen Forums-Trolle

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Bezahlen und kommentieren Sie mit Ihrem guten Namen: Bei der US-Tageszeitung Sun Chronicle in Massachusetts dürfen Leser nur noch unter ihrem echten Namen, wie er auf der Kreditkarte erscheint, ihre Meinung hinterlassen. Um hinter die Paywall für Kommentare zu gelangen, müssen "alle Nutzer ihren Namen, Adresse, Telefonnummer und gültige Kreditkarten-Nummer angeben", heißt es auf der Website. Kommentare werden mit Namen und Wohnort gezeichnet.

"Dies ist meiner Meinung nach ein notwendiger Schritt, damit der Sun Chronicle weiterhin ein Forum für Kommentares auf unseren Websites bieten kann", wird Verleger Oreste P. D'Arconte zitiert. Die Registrierung via Kreditkarte lässt sich die Zeitung mit 99 Cent bezahlen.

Die anonyme Kommentarfunktion war am 12. April deaktiviert worden. Verleger D'Arconte spricht von "Exzessen" wie "krassen Verletzungen unserer Nutzerrichtlinien, blinden Anschuldigungen und unbegründeten Behauptungen". Bei der neuen Registrierung müssen Kommentatoren bestätigen, dass sie nach gültigem Bundes- und Landesrecht rechtlich verantwortlich für ihre Äußerungen sind.

Der Fall Blizzard Entertainment
Erst vor wenigen Tagen hatte unter Online-Gamern ein ähnlicher Fall für Aufregung gesorgt: Die Firma Blizzard Entertainment (World of Warcraft) wollte die Nutzer ihres Forums zur Angabe einer Real-ID verpflichten. Auch hier sollten Forums-Postings mit dem echten Namen gezeichnet werden. Nach einem Proteststurm machte das Unternehmen jedoch einen Rückzieher. Um das Missbrauchs-Potential zu verdeutlichen, hatte ein Nutzer mit Hilfe der Identitäts-Daten, die Blizzard-Entertainment von seinen Usern erheben wollte, persönliche Informationen über die Manager der Firma recherchiert und im Web veröffentlicht.

Bleibt die Frage, wie sich Forums-Betreiber gegen Amok-laufende Nutzer absichern können. Nach Ansicht des Editors Weblog der < href="http://www.wan-press.org">World Assosiation of Newspapers versetzen Nutzer-Bewertungen, bezahlten Moderatoren und zunehmend auch Moderations-Algorithmen Zeitungs-Websites in die Lage, "blühende Online-Communites" zu unterhalten. Deshalb sei es kaum zu verstehen, warum der Sun Chronicle seine Community-Mitglieder dazu zwinge, bei jedem Kommentar persönliche Angaben in die Welt zu setzen.

Bei der Electronic Frontier Foundation, die sich den Schutz der Bürgerrechte in der digitalen Welt auf die Fahne geschrieben hat, werden solche Versuche naturgemäß besonders skeptisch beobachtet. "Anonymität war stets ein integraler Bestandteil der freien Meinungsäußerung, denn sie ermöglicht es Individuen, ihre Stimme zu erheben und sich zu äußern, wenn sie sonst allen Grund hätten, zu schweigen oder sich selbst zu zensieren", kommentierte EFF-Koordinatorin Eva Galperin.

Übrigens: Der Kasten "most commented on" auf der Website des Sun Chronical zeigte zum Zeitpunkt der Publikation dieses Beitrages genau zwei News-Artikel mit jeweils einem Kommentar an. Eine blühende Online-Community sieht tatsächlich anders aus.
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