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Ab sofort im Focus: Debatten, Debatten, Debatten

Debatten-Leiter Michael Klonovsky, leicht asymmetrisch ins Bild gesetzt
Foto: Hubert-Burda-Media
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Debatten-Leiter Michael Klonovsky, leicht asymmetrisch ins Bild gesetzt
Foto: Hubert-Burda-Media
Der Focus erhält "ab sofort" ein Debatten-Ressort in der Mitte des Heftes nach dem Vorbild der Op-ed-Seiten amerikanischer Tageszeitungen. Die Abkürzung Op-ed steht ursprünglich für "opposite the editorial page" und kennzeichnet Kommentare und Meinungen außerhalb der Redaktion. Das Magazin aus München entfernt sich mit diesem Schritt konzeptionell und inhaltlich weiter vom "Fakten, Fakten, Fakten"-Diktum seines Gründers Helmut Markwort. Dazu passt auch die kürzlich ausgerufene Partnerschaft mit dem britischen Economist oder die Einrichtung eines "literarischen Salons".

Fragt sich nur, ob der Focus das Zeug hat, unter dem frischen Chefredakteurs-Doppel Wolfram Weimer und Ulli Baur zum Hoffnungsträger eines neuen, konservativen Intellektualismus' zu werden, den manche Kommentatoren dem von ihnen links verorteten Meinungs-Mainstream entgegensetzen wollen. Das neue Ressort ist jedenfalls nicht nur vom Ex-Ciceronen Weimer inspiriert, sondern auch von Thilo Sarrazin - eben der aktuellen Gallionsfigur jener angeblichen Tabu-Brecher jenseits der Political Correctness.

Sarrazin-Debatte und neue bürgerliche RechteKonservativismus
Die Debatte um den ehemaligen Bundesbanker und Berliner Finanzsenator will der Focus nicht ganz verpassen - wenn sie schon beim Konkurrenten Spiegel und in der Bild-Zeitung mit Vorabdrucken angezettelt wurde. Laut Verlags-Ankündigung werden der Philosoph Norbert Bolz - der unlängst im Tagesspiegel "den Erfolgreichen, denen man bisher erfolglos den Namen 'Leistungsträger' angedient hat, eine neue geistige, nämlich konservative Heimat" in einer bürgerlich-rechten Partei-Abspaltung wünschte -, der Schriftsteller Rafael Seligmann und der Politiker Oswald Metzger den Sarrazin-Streit im nächsten Heft analysieren.

Schon Ende Juli hatte der Focus eine neue Bürgerbewegung ausgerufen: Jeder fünfte Deutsche könne sich laut einer Emnid-Umfrage vorstellen, eine konservative Partei rechts von der CDU zu wählen. Auch den Sarrazin-Sound besaß der Artikel von Focus-Redakteur Michael Klonovsky schon, obwohl dessen Buch noch gar nicht erschienen war: "Während deutsche Akademikerinnen kaum noch Kinder zur Welt bringen, wächst der Nachwuchs der Unterschichten." Klonovsky ist jetzt zum Leiter des Debatten-Ressorts befördert worden.

Geht's hinterm Talkshow-Horizont weiter?
Außerdem im neuen Focus: Die Frauenrechtlerinnen Necla Kelek und Alice Schwarzer über die Migrationsdebatte und FDP-Generalsekretär Christian Lindner mit einem Vier-Punkte-Plan zur Bildungspolitik. Nun, besonders spannend klingt das noch nicht. Bis hierher kommt der Focus leider personell kaum über den Talkshow-Horizont hinaus.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Als regelmäßige Autoren genant werden die Schriftsteller/Satiriker Eckhard Henscheid und Thomas Kapielski sowie der Militärhistoriker Martin van Creveld - zumindest diese letzten Namen verheißen eine explosivere Debatten-Mischung.
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