Banken wollen Kirch-Insolvenz auffangen
Die Verhandlungen über die Rettung der KirchGruppe sind offenbar gescheitert. Am Montag soll der Konzern Medienberichten zufolge den Insolvenzantrag stellen. Allerdings bereiten die Banken für diesen Fall eine Auffanggesellschaft vor, um die Geschäfte der KirchMedia weiter zu führen, wie die englische Financial Times als Erste auf ihrer Website berichtete.
An dieser Auffangesellschaft könnten auch der Axel-Springer-Verlag und weitere Kirch-Gesellschafter beteiligt werden, hieß es. Die vier Banken (Commerzbank, DZ Bank, Bayerische Landesbank und HypoVereinsbank) wollen auf Teile ihrer Forderungen an Kirch verzichten, um dafür Anteile an der Auffanggesellschaft zu erhalten.
"Zunächst geht es weiter"
Die Süddeutsche Zeitung zitiert in ihrer Samstagsausgabe aus einem Schreiben von Kirch-Manager Stefan Zifzer (Deutsches Sport-Fernsehen) an die Mitarbeiter: "Das ist sicherlich ein sehr bitterer Einschnitt, aber zunächst geht es weiter."
Nach der Insolvenz sei zunächst genügend Liquidität vorhanden, um den Sendebetrieb fortzusetzen: "Das heißt für uns, wir senden weiter." Danach müssten aber neue Gesellschafter gefunden werden, die an der Mediengruppe und deren Fernsehsendern interessiert seien.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hatten die Gläubigerbanken sowohl in Los Angeles mit Rupert Murdoch als auch in München mit weiteren Investoren verhandelt - ergebnislos. Auch die für Freitag geplanten Investorengespräche des Konzerns brachten keine Wende mehr.
Bedrohte Arbeitsplätze
Selbst wenn die Geschäfte über eine Auffanggesellschaft bruchlos weitergeführt werden können, wird ein nennenswerter Teil der 10.000 Arbeitsplätze im Kirch-Konzern wegbrechen. Wie viele, ist noch nicht genau abschätzbar. Zweifelsohne werden nur die gewinnträchtigen Zweige des Konzerns, also das Fernsehgeschäft von ProSiebenSat.1 und der Rechtehandel, fortgeführt werden. Defizitären Bereichen wie dem Regionalfernsehen droht hingegen das Aus.
Die Zukunft des Abosenders Premiere World, der bislang auf ein Drittel seiner Mitarbeiter verzichten wird, ist noch ungewiss. Teils ist von Verkauf, teils von einer weiteren Auffanggesellschaft die Rede.
Schröders Teil-Rückzug
Unterdessen hat Bundeskanzler Gerhard Schröder nach schwerem politischem und öffentlichen Gegenwind das Angebot einer staatlichen Bürgschaft für die Fußball-Bundesliga relativiert. Sie gelte vor allem für die Zweite Liga, sagte Schröder. Es gehe nicht darum, Fußball-Millionäre zusätzlich mit Steuergeldern zu unterstützen.
Die Fußball-Klubs bestreiten teilweise 50 Prozent und mehr ihres Etats aus Fernsehgeldern, die ihnen ein bis 2008 laufender TV-Vertrag mit Kirch beschert. Die letzte Rate in Höhe von 100 Millionen Euro hatte Kirch im Februar überweisen; die nächste wird im Mai erwartet. Bayern Ministerpräsident Edmund Stoiber, der die Bürgschafts-Pläne der Regierung kritisierte, sagte, nach seinen Informationen werde das Geld wie vereinbart fließen.
Externe Artikel
06.04.2002
Süddeutsche Zeitung
05.04.2002
Financial Times
05.04.2002
Spiegel Online
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Zuletzt bearbeitet 05.04.2002 23:06 Uhr