Kartellamt mahnt Holtzbrinck erneut ab
Als der Holtzbrinck-Verlag seinen langjährigen Manager Pierre Gerckens als Käufer für den Tagesspiegel aus dem Hut zog, war in der Branche schnell von einem "Strohmann" die Rede. Das Bundeskartellamt hat diese Einschätzung nun indirekt gestützt, indem es den Verkauf des Berliner Verlages an Holtzbrinck auch in der neuen Konstellation abmahnte. Zugleich musste Kartellamts-Chef Ulf Böge aber vor Journalisten einräumen, dass die von der Bundesregierung geplante Kartellrechts-Änderung die Übernahme "mit einigen Anpassungen" doch noch möglich machen würde.
Nach dem aktuellen Stand geht die Behörde weiter davon aus, dass die an Gerckens veräußerten Tagesspiegel-Anteile Holtzbrinck zuzurechnen seien. Damit ändert sich an der ursprünglichen kartellrechtlichen Bewertung nichts: mit dem Tagesspiegel und der hinzu erworbenen Berliner Zeitung würde Holtzbrinck eine marktbeherrschende Stellung auf dem Lesermarkt für regionale Abonnements-Tageszeitungen gewinnen.
Nach Bewertung des Bundeskartellamts zeigt schon der Umstand, dass sich Holtzbrinck per Call-Option ein Rückkaufrecht für 75 Prozent der Anteile hat einräumen lassen, dass die Stuttgarter eine dauerhafte Trennung vom Tagesspiegel nicht beabsichtigten. Zudem stelle der mit einer langfristigen Ratenzahlung bis 1. Oktober 2008 verbundene Kaufpreis "keine wirkliche Gegenleistung" dar, zumal Bauer mit 20 Millionen Euro ein erheblich höheres Angebot gemacht habe. Gerckens hat dagegen nur zehn Millionen Euro aufzubringen - so steht es der Süddeutschen Zeitung zufolge in dem knapp 70-seitigen Bescheid der Behörde.
Doch selbst ohne Zurechnung der an Gerckens veräußerten Tagesspiegel-Anteile zu Holtzbrinck hält das Bundeskartellamt den Kauf des Berliner Verlages für nicht genehmigungsfähig. "Im Hinblick auf die im Kaufvertrag und durch die Gesamtumstände dokumentierte gemeinsame Interessenlage ist zwischen diesen beiden Unternehmen kein Binnenwettbewerb zu erwarten."
Die am 18. Dezember ergangene Abmahnung ist noch kein endgültiger Spruch. Die Parteien haben nun bis 13. Januar Gelegenheit zur Stellungnahme, ehe das Bundeskartellamt bis zum 10. Februar 2004 entscheiden wird.
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Zuletzt bearbeitet 21.12.2003 19:14 Uhr