Haben ARD und ZDF wirklich 59 Prozent mehr für die Olympischen Spiele geboten?
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| 05.07.2011 Update: 05.07.2011
Haben ARD und ZDF tatsächlich 135 Millionen Euro, also 50 Millionen mehr, geboten, um den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi und die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro zu erhalten? Die Öffentlich-Rechtlichen dementieren diese Zahl, die in Medienberichten unter Berufung auf andere Medienberichte kolportiert wird. Aber sie sagen nicht, wie hoch die Agentur SportA, die in ihrem Auftrag bei "kurzfristig geführten Verhandlungen" auch die Mobil-, Internet- und Pay-TV-Lizenzen ersteigert hat, wirklich gepokert hat. Zumindest die Rechte fürs Bezahlfernsehen können noch refinanziert weren, wenn sie weiterverkauft werden.
Trotzdem: Ein solch kapitaler Aufschlag wäre nur schwer vermittelbar, zumal die Öffentlich-Rechtlichen in den vergangenen Monaten schon tief in die Sportrechte-Kasse gegriffen haben. Zuletzt holte das ZDF für über 150 Millionen Euro und drei Jahre die Champions League, und die ARD schloss mit dem Profibox-Promoter Wilfried Sauerland einen Zwei-Jahres-Vertrag, der auf Widerspruch des WDR-Rundfunkrates nachverhandelt wurde; nach einer Aufrechnung des Fachdienstes Funkkorrespondenz ist er jedoch trotz geringeren Umfangs (28 Millionen Euro) nicht besser als der ursprüngliche.
Europa hat Nachholbedarf
Das Internationale Olympische Komitee als Eigentümer der Spiele ist natürlich der Ansicht, dass die Preise für die Fernsehrechte immer weiter steigen müssen. Europa hat in den Augen der Olympier, die vor allem von Fernseh- und Sponsorengeldern aus den USA abhängig sind, besonderen Nachholbedarf.
Es war Anfang 2009, als ARD-Programmdirektor Volker Herres davon sprach, das IOC habe "völlig überzogene" Vorstellungen, und sogar drohte: "Sollten wir die Fernsehrechte an den Spielen 2014 und 2016 verlieren, würden wir unser Engagement zwischen den Spielen für jede Einzelsportart überprüfen."
Damals hatte das IOC gerade ein "nur" geringfügig erhöhtes Kollektiv-Angebot der Europäischen Rundfunk-Union (EBU), die seit 1956 ein Quasi-Abonnement auf die kontinentalen Fernsehrechte besaß und für die Spiele 2010/2012 560 Millionen Euro (ARD/ZDF-Anteil: 85 Millionen) zahlte, zurückgewiesen. Statt dessen bot man erstmals die Rechte für die großen europäischen Fernsehmärkte einzeln an und vermarktete den Rest über die Großagentur Sportfive.
Europa hat Nachholbedarf
Es war auch ein Spiel auf Zeit, denn die Herren der Ringe hofften auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, steigende Preise und mehr Wettbewerb. Aus ihrer Sicht hat sich das Warten gelohnt. Der amerikanische Network NBC erlöste das IOC vor drei Wochen und ersteigerte die US-Rechte sogar für vier Spiele von 2014 bis 2020 für 4,38 Milliarden Dollar, obwohl er bei den Winterspielen 2010 in Vancouver ein Minus gemacht hatte.
Das war viel, womöglich zu viel Geld, viel mehr jedenfalls als von den Konkurrenten ESPN und Fox geboten. Aber der amerikanische Milliarden-Deal - anders als deutsche öffentlich-rechtliche Anstalten machen die Amerikaner aus solchen Zahlen kein Staatsgeheimnis - beinhaltete prozentual keinen nennenswerten Aufschlag im Vergleich zu jenen 59 Prozent, die ein 135-Millionen-Euro-Gebot von ARD und ZDF bedeuten würde.
Erfolg für Thomas Bach
Für den IOC-Verhandlungsführer Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und als solcher bis 2010 im ZDF-Fernsehrat, wäre ein dreistelliger Millionen-Abschluss jedenfalls ein hübscher Erfolg. Der Wirtschaftsanwalt aus dem Fechter-Städtchen Tauberbischofsheim, der nun bis auf Großbritannien alle europäischen TV-Verträge unter Dach und Dach hat, möchte morgen auf der IOC-Session in Durban gerne die Winterspiele 2018 nach München holen und gilt als Kandidat für die IOC-Präsidentschaft. Vielleicht haben die erfolgreichen TV-Verhandlungen ihm dabei geholfen.
Doch München ist nicht der einzige Kandidat für die Winterspiele 2018. Auch das französische Annecy und Pyöngchang (Südkorea) bewerben sich. Und wie es der Zufall so will, haben auch France Télévisions und der koreanische Sender SBS ebenso kurzfristig beim IOC unterschrieben. Den Vogel schossen allerdings die Südkoreaner ab. Ihr Fernseh-Vertrag läuft bis ... 2024.
Trotzdem: Ein solch kapitaler Aufschlag wäre nur schwer vermittelbar, zumal die Öffentlich-Rechtlichen in den vergangenen Monaten schon tief in die Sportrechte-Kasse gegriffen haben. Zuletzt holte das ZDF für über 150 Millionen Euro und drei Jahre die Champions League, und die ARD schloss mit dem Profibox-Promoter Wilfried Sauerland einen Zwei-Jahres-Vertrag, der auf Widerspruch des WDR-Rundfunkrates nachverhandelt wurde; nach einer Aufrechnung des Fachdienstes Funkkorrespondenz ist er jedoch trotz geringeren Umfangs (28 Millionen Euro) nicht besser als der ursprüngliche.
Europa hat Nachholbedarf
Das Internationale Olympische Komitee als Eigentümer der Spiele ist natürlich der Ansicht, dass die Preise für die Fernsehrechte immer weiter steigen müssen. Europa hat in den Augen der Olympier, die vor allem von Fernseh- und Sponsorengeldern aus den USA abhängig sind, besonderen Nachholbedarf.
Es war Anfang 2009, als ARD-Programmdirektor Volker Herres davon sprach, das IOC habe "völlig überzogene" Vorstellungen, und sogar drohte: "Sollten wir die Fernsehrechte an den Spielen 2014 und 2016 verlieren, würden wir unser Engagement zwischen den Spielen für jede Einzelsportart überprüfen."
Damals hatte das IOC gerade ein "nur" geringfügig erhöhtes Kollektiv-Angebot der Europäischen Rundfunk-Union (EBU), die seit 1956 ein Quasi-Abonnement auf die kontinentalen Fernsehrechte besaß und für die Spiele 2010/2012 560 Millionen Euro (ARD/ZDF-Anteil: 85 Millionen) zahlte, zurückgewiesen. Statt dessen bot man erstmals die Rechte für die großen europäischen Fernsehmärkte einzeln an und vermarktete den Rest über die Großagentur Sportfive.
Europa hat Nachholbedarf
Es war auch ein Spiel auf Zeit, denn die Herren der Ringe hofften auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, steigende Preise und mehr Wettbewerb. Aus ihrer Sicht hat sich das Warten gelohnt. Der amerikanische Network NBC erlöste das IOC vor drei Wochen und ersteigerte die US-Rechte sogar für vier Spiele von 2014 bis 2020 für 4,38 Milliarden Dollar, obwohl er bei den Winterspielen 2010 in Vancouver ein Minus gemacht hatte.
Das war viel, womöglich zu viel Geld, viel mehr jedenfalls als von den Konkurrenten ESPN und Fox geboten. Aber der amerikanische Milliarden-Deal - anders als deutsche öffentlich-rechtliche Anstalten machen die Amerikaner aus solchen Zahlen kein Staatsgeheimnis - beinhaltete prozentual keinen nennenswerten Aufschlag im Vergleich zu jenen 59 Prozent, die ein 135-Millionen-Euro-Gebot von ARD und ZDF bedeuten würde.
Erfolg für Thomas Bach
Für den IOC-Verhandlungsführer Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und als solcher bis 2010 im ZDF-Fernsehrat, wäre ein dreistelliger Millionen-Abschluss jedenfalls ein hübscher Erfolg. Der Wirtschaftsanwalt aus dem Fechter-Städtchen Tauberbischofsheim, der nun bis auf Großbritannien alle europäischen TV-Verträge unter Dach und Dach hat, möchte morgen auf der IOC-Session in Durban gerne die Winterspiele 2018 nach München holen und gilt als Kandidat für die IOC-Präsidentschaft. Vielleicht haben die erfolgreichen TV-Verhandlungen ihm dabei geholfen.
Doch München ist nicht der einzige Kandidat für die Winterspiele 2018. Auch das französische Annecy und Pyöngchang (Südkorea) bewerben sich. Und wie es der Zufall so will, haben auch France Télévisions und der koreanische Sender SBS ebenso kurzfristig beim IOC unterschrieben. Den Vogel schossen allerdings die Südkoreaner ab. Ihr Fernseh-Vertrag läuft bis ... 2024.
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