Springer hat die Absicht, eine Bezahl-Mauer zu bauen
Artikel
| 11.12.2012
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+ Wie die New York Times
Vorbild ist auch bei der Welt das sogenannte "metered model" der New York Times, ein Zugriffszähler: Nach 20 freien Artikel-Klicks erscheint bei Welt.de eine Aufforderung zum Abonnieren. Der Counter startet jeden Monat neu. Eines der systembedingten Löcher kündigt der Verlag freimütig an: "Die Startseite bleibt frei nutzbar. Artikel, auf die von Suchmaschinen, Sozialen Netzwerken oder anderen Seiten verlinkt wird, können ebenfalls frei gelesen werden."
Klar, auf diese Traffic-Lieferanten will Springer nicht verzichten. Zugleich steht der Verlag jedoch an der Spitze der Leistungsschutzrechts-Phalanx, die Suchmaschinen und Aggregatoren per Gesetz zum Bezahlen für die Nutzung von "Snippets" zwingen will.
"Faire" Preise
Die Abo-Preise sind laut General Manager Romanus Otte "fair": Das Basis-Abo für Online plus Smartphone-App kostet 6,99 Euro im Monat, mit zusätzlicher Tablet-App werden 12,99 Euro pro Monat fällig. Anders als deutsche Konkurrenz-Verlage hat Springer seine Apps nicht nur für iPad oder iPhone, sondern auch für Android programmiert. Für 14,99 Euro kommt auch noch die Welt am Sonntag hinzu, und zwar die Print-Ausgabe. Dahinter steht das Kalkül, dass die Leser am Wochenende genug Muße haben, um am Kaffeetisch zu einem bedruckten Papier zu greifen.
Den Einstieg ins Online-Abo macht Springer mit 99 Cent für den ersten Monat attraktiv. Zudem hat ein Sponsor für die fleißigsten 50.000 Nutzer ein halbes Jahr kostenfreien Zugriff ausgelobt.
Schluss mit kostenlos
Springers Bezahlmauer ist sowohl eine Demonstration von Stärke als auch Ausdruck von Ideologie. Verlags-Chef Mathias Döpfner hat die Wandlung des Verlags zum Digitalkonzern besonders selbstbewusst propagiert und mit entsprechenden Geschäftszahlen untermauert, zugleich aber auch erklärt, mit der "Kostenlos-Mentalität" im Internet aufräumen zu wollen. Der für die Welt-Gruppe verantwortliche Vorstand Jan Bayer wird nun in einer Pressemitteilung wie folgt zitiert:
"Wir sind fest davon überzeugt, dass ein nachhaltiges Geschäftsmodell für journalistische Angebote in der digitalen Welt ebenso wie in der analogen Welt auf Vertriebs- und Werbeerlösen basieren sollte. Bei den Werbeerlösen sind wir bereits sehr erfolgreich, nun wollen wir die Vertriebserlöse als zweite Säule ausbauen."Überzeugung ist gut. Es wird allerdings darauf ankommen, den "metered" Zugriff so zu justieren, dass die Welt nicht spürbar an Reichweite verliert, zumal die Konkurrenz von Sueddeutsche.de bis zur FAZ (noch) kostenfrei zugänglich ist.
Auch wenn man das bei Springer nicht gerne hören mag: Die Welt ist keine deutschsprachige New York Times. Dennoch: Wer, wenn nicht Deutschlands mächtigstes Verlagshaus, sollte versuchen, eine Mauer zu bauen?
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